Page 115 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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operette trifft tonfilm
nes zweifelhaften Verhaltens zu überführen und somit die Ehe Ottis, ohne
deren Wissen, zu retten. Zusätzlich führt Ilonas Identitätswechsel auch
dazu, dass sich der Kammerdiener Ottis, Franz (Hugo Fischer-Köppe), wie-
der seiner mit einem Kind im Stich gelassenen Ehefrau annähert, da er das
neue Zimmermädchen vermeintlich für seine Tochter hält, die durch ihre
Heiratspläne mit Paul die Chance hat in eine höhere Gesellschaftsschicht
aufzusteigen. Letztlich wird die wahre Identität des Zimmermädchens auf-
gelöst und es kommt auf allen Handlungsebenen zum Happy End.
Die Musik zur deutschen und französischen Version des Films stammt
von Franz Wachsmann (1906–1967), dem späteren Hollywood-Komponis-
ten.31 In der italienischen Version wurde die Musik Wachsmanns an dra-
maturgisch maßgeblichen Stellen durch neukomponierte Musik des italie-
nischen Komponisten Cesare Andrea Bixio (1896–1978) ersetzt. Bei einem
Vergleich der unterschiedlichen Versionen wird deutlich, dass hier erhebli-
che musikalisch-dramaturgische Differenzen bestehen, die letztlich beson-
ders in der italienischen Version zu einer völlig veränderten Ästhetik der
Sprachversion führen, wobei die Musik dafür einen maßgeblichen Faktor
darstellt.32 Die italienische Version von Paprika weist nämlich im Gegen-
satz zu den deutschen und französischen Versionen u. a. durch die Substi-
tution einer canzone Bixios mit dem Titel „Paprika“ anstatt der obligatori-
schen orchestralen Ouvertüre der Tonfilmoperette eine wesentlich stärkere
gesangsbasierte, italianisierte Ästhetik auf, welche die Konventionen der
Tonfilmoperette bereits von Beginn an verschleiert bzw. adaptiert.
Musikalische Differenzen sind dennoch auch im Vergleich der Musik
Wachsmanns zwischen der deutschen und der französischen Version fest-
stellbar: So differiert die Orchestrierung einiger Szenen zur Erreichung un-
terschiedlicher dramatischer Effekte maßgeblich; eine Szene der französi-
schen Version wurde im Backgroundscore mit neuer Musik unterlegt, die
in keiner der beiden anderen Versionen vorliegt und auch die Reihenfolge
der thematischen cues im Backgroundscore bzw. die Länge der in der filmi-
schen Diegese vorhandenen Songs variiert. Daraus resultiert letztlich ein
differierendes Verhältnis zwischen Musik und filmischer Narration, das
dennoch bei Einbeziehung des Sprachversionsfilms als eminenter Bestand-
teil der Gattung der Tonfilmoperette gelten muss und gleichzeitig die Hyb-
ridität eines vermeintlich transnational standardisierten Genres illustriert.
31 Diese Publikation ist Teil eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF)
geförderten Forschungsprojekts zu Franz Waxman (Projektnr.: P33029).
32 Für eine Detailanalyse der musikalischen Differenzen, die hier in weiterer Folge
kurz zusammengefasst werden vgl. Zechner, „Multiple-Music Versions?“.
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nes zweifelhaften Verhaltens zu überführen und somit die Ehe Ottis, ohne
deren Wissen, zu retten. Zusätzlich führt Ilonas Identitätswechsel auch
dazu, dass sich der Kammerdiener Ottis, Franz (Hugo Fischer-Köppe), wie-
der seiner mit einem Kind im Stich gelassenen Ehefrau annähert, da er das
neue Zimmermädchen vermeintlich für seine Tochter hält, die durch ihre
Heiratspläne mit Paul die Chance hat in eine höhere Gesellschaftsschicht
aufzusteigen. Letztlich wird die wahre Identität des Zimmermädchens auf-
gelöst und es kommt auf allen Handlungsebenen zum Happy End.
Die Musik zur deutschen und französischen Version des Films stammt
von Franz Wachsmann (1906–1967), dem späteren Hollywood-Komponis-
ten.31 In der italienischen Version wurde die Musik Wachsmanns an dra-
maturgisch maßgeblichen Stellen durch neukomponierte Musik des italie-
nischen Komponisten Cesare Andrea Bixio (1896–1978) ersetzt. Bei einem
Vergleich der unterschiedlichen Versionen wird deutlich, dass hier erhebli-
che musikalisch-dramaturgische Differenzen bestehen, die letztlich beson-
ders in der italienischen Version zu einer völlig veränderten Ästhetik der
Sprachversion führen, wobei die Musik dafür einen maßgeblichen Faktor
darstellt.32 Die italienische Version von Paprika weist nämlich im Gegen-
satz zu den deutschen und französischen Versionen u. a. durch die Substi-
tution einer canzone Bixios mit dem Titel „Paprika“ anstatt der obligatori-
schen orchestralen Ouvertüre der Tonfilmoperette eine wesentlich stärkere
gesangsbasierte, italianisierte Ästhetik auf, welche die Konventionen der
Tonfilmoperette bereits von Beginn an verschleiert bzw. adaptiert.
Musikalische Differenzen sind dennoch auch im Vergleich der Musik
Wachsmanns zwischen der deutschen und der französischen Version fest-
stellbar: So differiert die Orchestrierung einiger Szenen zur Erreichung un-
terschiedlicher dramatischer Effekte maßgeblich; eine Szene der französi-
schen Version wurde im Backgroundscore mit neuer Musik unterlegt, die
in keiner der beiden anderen Versionen vorliegt und auch die Reihenfolge
der thematischen cues im Backgroundscore bzw. die Länge der in der filmi-
schen Diegese vorhandenen Songs variiert. Daraus resultiert letztlich ein
differierendes Verhältnis zwischen Musik und filmischer Narration, das
dennoch bei Einbeziehung des Sprachversionsfilms als eminenter Bestand-
teil der Gattung der Tonfilmoperette gelten muss und gleichzeitig die Hyb-
ridität eines vermeintlich transnational standardisierten Genres illustriert.
31 Diese Publikation ist Teil eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF)
geförderten Forschungsprojekts zu Franz Waxman (Projektnr.: P33029).
32 Für eine Detailanalyse der musikalischen Differenzen, die hier in weiterer Folge
kurz zusammengefasst werden vgl. Zechner, „Multiple-Music Versions?“.
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