Page 372 - Stati inu obstati, revija za vprašanja protestantizma, letnik VII (2011), številka 13-14, ISSN 1408-8363
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SYNOPSES, ZUSAMMENFASSUNGEN

Philosophie stellt die Frage nach dem Sein, Theologie handelt von dem, was
uns unausweichlich und unbedingt angeht. Glaube heißt in allen Funktionen
des Geistes wirksame Hinwendung zum Unbedingten. Jeder Glaubensakt
richtet sich unmittelbar auf ein heiliges Objekt, aber er meint nicht das Objekt,
sondern das Unbedingte, das in dem Objekt symbolisch ausgedrückt ist. Das
Unbedingte ist eine Qualität, die wir in der Begegnung mit der Wirklichkeit
erfahren. Etwas Unbedingtes bezeichnet nie ein Wesen, auch nicht das höchste
Wesen. Wer von der Existenz des Unbedingten spricht, hat nach Tillich den
Sinn dieses Begriffes völlig mißverstanden.

Paul Tillich’s Philosophie der Geschichte bedeutet geschichtsbewußtes
Denken dessen Ethos unbedingte Verantwortlichkeit für die damalige Zeit
heißt. Tillich geht es um eine Sinndeutung der Geschichte vom Begriff des
Kairos her, sogar um das Gegenwartsbewußtsein und Gegenwartshandeln im
Sinne des Kairos. Mit dem Wort Kairos ist die »rechte Zeit«, die inhalts- und
bedeutungsvolle Zeit, nicht die formale, quantitative Zeit des Chronos gemeint.
Kairos heißt inhaltlich »erfüllte Zeit« und als solcher mit neuem Sein verbun-
den und bedeutet gleichzeitig auch das Hereinbrechen des Ewigen in die Zeit,
aber das Ewige hebt das Zeitliche nicht auf. Dementsprechend ist die Idee des
Kairos nach Tillichs Ansichten mit der Utopie und prophetischer Zeitdeutung
verbunden. Der prophetische Geist schafft Neues in der Zeit, aber dieser Geist
ist nicht ein fixierbarer Geist und es gibt keine Stätte, an der Geist prophetischer
Zietdeutung a priori gebunden wäre. In der neuesten Geschichte erkennt Tillich
der prophetische Geist an zwei Stellen im 19. Jahrhundert, beide Male unter
dem Zeichen eines harten Kampfes gegen das Christentum, und zwar bei Karl
Marx und Friedrich Nietzsche. Beide Denker eröffnen auch den Kampf gegen
die Dämonie der bürgerlichen Welt, seine ausbeuterische Wirtschaftsordnung
und seine Konventionen. Nach Tillich heißt der Kampf gegen die Dämonie der
bürgerlichen Gesellschaft, vor allem gegen das kapitalistische System, die
eigentliche Kraft der prophetischen Gegenbewegungen und diese Kraft stammt
aus der Entscheidung für den Kairos.

UDC 273(4-011)“05/18"

Gianfranco Hofer
The Waldensians in Italy. The church coming from far

The movement started by Valdčs in Lyons in the 11th century and which
was condemned by the Roman Catholic Church was one of the religious move-
ments which even before Luther demanded direct reading of the gospels. Un-
der the inf luence of the Lyons movement a community of “poor Lombardians”
came into being in Lombardy, which advocated the reading of the Bible in the

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