Page 164 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama

künstlerischen Intelligenz zu einer von diesen Kategorien gehörten, wur-
den nur wenige Komponisten, Dichter und Schriftsteller für zulässig be-
funden. Einem solchen Verbot unterlag natürlich auch Jaroslaw Barnytsch
– seine Operetten kehrten erst in den 1990er Jahren nach der Unabhängig-
keitsverkündung wieder in die ukrainische Szene zurück. Ein erhebliches
Problem gab es jedoch mit seinem populärsten Lied: Hutsulka Ksenya. Das
Lied war so beliebt, dass es unmöglich schien, es einfach zu verbieten.

Doch dann fand die Parteiführung eine ähnliche Lösung wie bei Rja-
bows Operette: Sie übertrug die Urheberrechte an dem Lied auf einen an-
deren, „loyalen“ Komponisten. Nach langer Suche stieß man auf den Ama-
teurkomponisten Roman Sawytsky, dessen Aktivitäten zu dieser Zeit sehr
unterstützt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er als Geschichts-
lehrer und Direktor einer ländlichen Schule tätig (dabei war es der kom-
munistischen Leitung für Kultur vollkommen egal, dass Sawytsky, wie ich
festgestellt habe, im Gegensatz zu Barnytsch nicht einmal eine elemen-
tare Musikausbildung besaß und es sogar fraglich ist, ob er überhaupt no-
tenkundig war). Aber als zuverlässige Person, die die kommunistische Lo-
sungen über die Entwicklung der Volkstalente in der UdSSR illustrierte,
wurde Sawytsky zum Autor von Hutsulka Ksenia sowie mehrerer anderer
Lieder von Nationalisten und Auswanderern ernannt.

Einige professionelle Musiker, darunter auch ein Kollege Barnytschs,
der Komponist Jewhen Kozak, versuchten, die wahre Autorschaft des be-
rühmten Schlagers offenzulegen. Welche Ergebnisse dies hatte, kann man
den Erinnerungen einiger Schüler Kozaks entnehmen:

Zum zweiten Mal war das KGB an Yevhen Kozak interessiert, als
dieser in den 40er oder 50er Jahren offen die Ansicht vertrat, dass
Yaroslav Barnych der Autor des Liedes „Hutsulka Ksenia“ sei. Ko­
zak wurde vom KGB vorgeladen und gewarnt: „Halt dich raus!“
[im russischen Original mit viel gröberen Wörtern – L. K.]. Folg­
lich soll sich nicht der Musiker, sondern die Strafbehörde für die
Urheberschaft eines populären Liedes interessieren. Kann man sich
so etwas in einem normalen Staat vorstellen?28
Diese beiden Beispiele beweisen zweifellos, dass die Operette trotz ih-
rer scheinbaren Frivolität und ihrer „unernsten“ Ziele des Amüsements, so-
wohl in Bezug auf ihre Musik als auch in Bezug auf ihre Geschichten, und

28 Stepan Stelmaschtschuk, „Степан Стельмащук. Спогади про Євгена Козака“ [Er-
innerungen an Jewhen Kozak], Неділя [Sonntag/Nedila], Nr. 21 (1994): 16.

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