Page 160 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama

Im Gegensatz zum totalitären Regime der UdSSR hatten die Ukrai-
ner in Galizien, obwohl sie immer noch eine staatenlose Nation waren, viel
bessere Möglichkeiten für die Entwicklung der Nationalkultur. Wie bereits
erwähnt, besaßen die Ukrainer in dieser Region eine viel reichere Operet-
ten-Tradition als in der Sowjetunion. Sowohl die damals herrschende pol-
nische Unterhaltungskultur als auch die ukrainische und jüdische „leich-
te Muse“ entwickelten sich in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts
in Lemberg sehr aktiv.

Die Operette erfreute sich damals großer Beliebtheit und war in der
Krisenzeit der 1930er Jahre, als die Opernszene in der Stadt aufgrund finan-
zieller Probleme geschlossen wurde, das meistgespielte Genre des musika-
lischen Unterhaltungstheaters, und bleibt der einzige „Kassenschlager“. Die
Liste der Operetten-Premieren dieser Jahre ist recht imposant:

Leo Fall: Die Rose von Stambul (1930), Franz Lehár: Der Rastelbin­
der (1930), Emmerich Kálmán: Das Veilchen vom Montmartre (1930), Ru-
dolf Benatzky: Die Nacht von San Sebastian (1930); Oskar Straus: Hochzeit
in Hollywood (1931), Pál Ábrahám: Viktoria und ihr Husar (1931); Martin
Knopf: Der blonde Zigeuner (1932), Walter Kollo: Die Königin der Nacht und
Lady Chic (1932), J. Offenbach: Orpheus in der Unterwelt (1932); Frietz Kreis-
ler: Sissy (1933), Vincent Youmans: No, No, Nanette (1933); R. Benatzky: Im
weißen Rößl (1934); P. Ábrahám: Ball im Savoy (1936); Nikolaus Brodszky:
Verliebte Königin (1938); Rudolf Friml: Rose-Marie und The Vagabond King
(1938); Robert Stolz: Grüezi (1939), Pál Ábrahám: Roxy und ihr Wunderteam
(1939).

Man kann manch wichtige Schlussfolgerung aus dieser Liste ziehen, z.
B. ein überwiegendes Repertoire der sog. „Silbernen Operettenära“, dabei
aber auch ein paar amerikanische „Hits“ sowie eine Wiederbelebung der
populärsten französischen Operette. Diese Bühnenwerke dienten als Vor-
bild für die populäre Musik in ihren verschiedenen Formen.

Die ukrainische Bevölkerung Galiziens pflegte ihre eigene populäre
Unterhaltungsmusik bei Gelegenheiten wie Studentenbällen, Tanzabenden
in Volks- und Salontanzkursen, Karnevalsveranstaltungen, Kabaretts, in
den unterhaltsamen Programmen vor Filmen und experimentellen The-
ateraufführungen usw. Besonders die Aufführungen der Wandertruppen
erfreuten sich in den 1930er Jahren großer Beliebtheit (unter ihnen am be-
kanntesten: Die Grille, Der Schein und Bohemia unter der Leitung von Pe-
tro Soroka, Goldenes Lächeln unter der Leitung von Anatol Kos-Anatols´-
kyj und Bogdan Saramaga u. a.).

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