Page 294 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2024. Glasbena kritika – nekoč in danes ▪︎ Music Criticism – Yesterday and Today. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 7
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glasbena kritika – nekoč in danes | music criticism – yesterday and today

dert das von den Wiener Klassikern entwickelte und in Leipzig kanonisier-
te Gattungskonzept der Symphonie aneigneten, wurden in der Leipziger
Presse überwiegend kritisch betrachtet und stets sehr eng an den ‚deut-
schen‘ Modellen gemessen. Nationale und folkloristische Strömungen wa-
ren daher ebenso verpönt wie die Auflösung der klassischen Formen im
französischen Impressionismus. Ein Wandel dieser Einschätzung zeichne-
te sich erst in den Jahren nach 1900 ab.
Schlüsselwörter: Musikkritik, Leipzig, Symphonie, Nationalismus, 19.
Jahrhundert

Luba Kijanovska, Lidiya Melnyk
Musikjournalismus vs. Musikkritik heute:
überleben oder fortstreben?
Der Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des
Musikjournalismus und der Musikkritik, wobei die sich verändernden Rol-
len der Musikvermittler in verschiedenen historischen und gesellschaftli-
chen Kontexten hervorgehoben werden. Er stellt drei archetypische Typen
von Musikvermittlern vor: den „Hanslick“-Typ, der sich durch Fachwissen
und oft Subjektivität auszeichnet; den „Rellstab“-Typ, der Journalismus mit
Musikwissen verbindet; und den „Beckmesser“-Typ, der oft mit Pedanterie
und fehlendem musikalischen Hintergrund assoziiert wird.
Die Forschung unterstreicht, wie politische Ideologien den Musikjournalis-
mus beeinflusst haben, von der ideologischen Propaganda während der spä-
ten kommunistischen Ära bis hin zu einer Periode künstlerischer Freiheit
und kultureller Wiederbelebung nach der Unabhängigkeit der Ukraine im
Jahr 1991. Es werden die Herausforderungen erörtert, mit denen der Musik-
journalismus im digitalen Zeitalter und in den sozialen Medien konfrontiert
ist, wo oft Kommerzialisierung und Sensationslust vorherrschen.
Darüber hinaus beleuchtet der Beitrag einen aktuellen Wendepunkt, der
durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 markiert
wurde. Die Musikkultur und ihre Infrastruktur, einschließlich des Musik-
journalismus, wurden zum zentralen Thema des Informationskriegs. Der
Text untersucht die Notwendigkeit, das historische Gedächtnis zu aktuali-
sieren und ukrainische Komponisten und Künstler zu fördern, die unter der
kommunistischen Unterdrückung gelitten haben.
Abschließend wirft der Artikel entscheidende Fragen über die Zukunft des
Musikjournalismus und der Musikkritik auf, insbesondere in einem globa-
len Kontext. Er fordert neue Ansätze, um die reiche Geschichte und die zeit-

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