Page 293 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2024. Glasbena kritika – nekoč in danes ▪︎ Music Criticism – Yesterday and Today. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 7
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Summaries
Stefan Keym
Künstlerische vs. politische Aspekte von Musikkritik:
Zur Rezeption „ausländischer“ Orchestermusik
in der Leipziger Musikpresse des 19. Jahrhunderts
Dieser Beitrag liefert einen Überblick über den Umgang mit Orchestermu-
sik in der Leipziger Musikpresse des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts (bis 1914). Die
sächsische Messe- und Universitätsstadt Leipzig entwickelte sich in dieser
Zeit zum Zentrum des deutschen Musikverlags-, Zeitschriften- und Kon-
zertwesens. Die Aufwertung der Instrumentalmusik und speziell der Sym-
phonie zur höchsten Musikgattung, die in dieser Zeit im deutschen und
speziell im Leipziger Musikschrifttum erfolgte, war nicht nur das Resul-
tat rein ästhetischer Strömungen wie der romantischen ‚Idee der absoluten
Musik‘ (Carl Dahlhaus) sowie von kommerziellen Strategien der Leipziger
Musikverlage, sondern ergab sich auch aus dem Bedürfnis nach identitäts-
stiftenden kulturellen Alleinstellungsmerkmalen des deutschen Bürger-
tums in einer Zeit, als Deutschland politisch zersplittert und vom postre-
volutionären Frankreich unter Napoleon bedroht war.
Aus diesem multikausalen Hintergrund ergab sich die paradoxe Situati-
on, dass die „reine“ Instrumentalmusik einerseits frei von politischen (also
auch patriotischen) Inhalten sein sollte, andererseits jedoch durchaus dem
deutschen Nationalstolz diente. Orchesterwerke ‚ausländischer‘ Kompo-
nisten, die sich ab den 1830er Jahren und besonders im späten 19. Jahrhun-
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Stefan Keym
Künstlerische vs. politische Aspekte von Musikkritik:
Zur Rezeption „ausländischer“ Orchestermusik
in der Leipziger Musikpresse des 19. Jahrhunderts
Dieser Beitrag liefert einen Überblick über den Umgang mit Orchestermu-
sik in der Leipziger Musikpresse des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts (bis 1914). Die
sächsische Messe- und Universitätsstadt Leipzig entwickelte sich in dieser
Zeit zum Zentrum des deutschen Musikverlags-, Zeitschriften- und Kon-
zertwesens. Die Aufwertung der Instrumentalmusik und speziell der Sym-
phonie zur höchsten Musikgattung, die in dieser Zeit im deutschen und
speziell im Leipziger Musikschrifttum erfolgte, war nicht nur das Resul-
tat rein ästhetischer Strömungen wie der romantischen ‚Idee der absoluten
Musik‘ (Carl Dahlhaus) sowie von kommerziellen Strategien der Leipziger
Musikverlage, sondern ergab sich auch aus dem Bedürfnis nach identitäts-
stiftenden kulturellen Alleinstellungsmerkmalen des deutschen Bürger-
tums in einer Zeit, als Deutschland politisch zersplittert und vom postre-
volutionären Frankreich unter Napoleon bedroht war.
Aus diesem multikausalen Hintergrund ergab sich die paradoxe Situati-
on, dass die „reine“ Instrumentalmusik einerseits frei von politischen (also
auch patriotischen) Inhalten sein sollte, andererseits jedoch durchaus dem
deutschen Nationalstolz diente. Orchesterwerke ‚ausländischer‘ Kompo-
nisten, die sich ab den 1830er Jahren und besonders im späten 19. Jahrhun-
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