Page 28 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama
Platten noch Radio gab, und daß Wien nur ein einziges Opernhaus
und einen einzigen Zyklus von philharmonischen Konzerten hatte.2
Zu den frühen Kompositionsversuchen Schönbergs gehören das länd-
lerartige Stück für Violine und Klavier (1893/94)3 und die zehn Walzer für
Streichorchester4.5 Es sind abwechslungsreiche charmante Stücke, die sich
im Ton neben dem Wiener Walzer der Straußdynastie zuweilen auch an an-
deren Vorbildern orientieren, z. B. an Antonín Dvořák und Franz Schubert.
Die zahlreichen biographischen Nachrichten, die Schönbergs Verhält-
nis zur unterhaltenden Musik belegen, überraschen nicht. Sie zeigen, daß
Schönberg ein Wiener Kind seiner Zeit war. Eine derartige soziale Kluft,
wie sie sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zwischen den Hörern der soge-
nannten E- sowie der U-Musik herausgebildet hat, war im Wien der Jahr-
hundertwende noch nicht vorhanden.
Zwischen 1900 und 1904 arrangierte und instrumentierte Schönberg,
um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, unzählige Werke anderer Kom-
ponisten, vor allem Operetten von sehr unterschiedlicher Qualität. Es wa-
ren insgesamt rund 6000 Seiten.6 In diesen Jahren entstanden bereits sei-
ne opera 1–6, darunter die Verklärte Nacht für Streichsextett op. 4, Pelleas
und Melisande op. 5 und die Anfänge der Gurrelieder. Die Operettenarbei-
ten betrafen auch Komponisten und Werke, die damals erfolgreich waren
und noch in der Zwischenkriegszeit gespielt wurden, u. a. von Adalbert v.
Goldschmidt (1848–1906) und Bruno Granichstaedten (1879–1944), später
in Berlin war Bogumil Zepler (1858–1918) der größte Auftraggeber. Aus den
persönlichen Kontakten entwickelten sich Freundschaften, die ihm Kon-
takte für sein Engagement als Dirigent an Ernst von Wolzogens Berliner
Kabarett Überbrettl brachten, wo bereits Edmund Eysler und Oscar Straus
tätig waren. Anfang 1901 hatte er seine Brettl-Lieder komponiert, deren
Nummern durchaus in Operetten stehen könnten. Sie überzeugten Wol-
2 Arnold Schönberg, „Rückblick“, in Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik (Gesam
melte Schriften 1), Hrsg. Ivan Vojtěch (Frankfurt a. M.: Fischer, 1976), 397.
3 Copyright 2001 by Belmont Music Publishers, Pacific Palisades.
4 Copyright 2003 by Belmont Music Publishers, Los Angeles. Ein elfter Walzer blieb
Fragment.
5 Therese Muxeneder, „Walzer für Streichorchester (ca. 1897). Einführung“, in Salz
burger Festspiele 2004. Programmheft der Uraufführung (Salzburg: s. n., August
2004).
6 H. H. Stuckenschmidt, Schönberg. Leben. Umwelt. Werk (Zürich und Freiburg:
Atlantis, 1974), 48.
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Platten noch Radio gab, und daß Wien nur ein einziges Opernhaus
und einen einzigen Zyklus von philharmonischen Konzerten hatte.2
Zu den frühen Kompositionsversuchen Schönbergs gehören das länd-
lerartige Stück für Violine und Klavier (1893/94)3 und die zehn Walzer für
Streichorchester4.5 Es sind abwechslungsreiche charmante Stücke, die sich
im Ton neben dem Wiener Walzer der Straußdynastie zuweilen auch an an-
deren Vorbildern orientieren, z. B. an Antonín Dvořák und Franz Schubert.
Die zahlreichen biographischen Nachrichten, die Schönbergs Verhält-
nis zur unterhaltenden Musik belegen, überraschen nicht. Sie zeigen, daß
Schönberg ein Wiener Kind seiner Zeit war. Eine derartige soziale Kluft,
wie sie sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zwischen den Hörern der soge-
nannten E- sowie der U-Musik herausgebildet hat, war im Wien der Jahr-
hundertwende noch nicht vorhanden.
Zwischen 1900 und 1904 arrangierte und instrumentierte Schönberg,
um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, unzählige Werke anderer Kom-
ponisten, vor allem Operetten von sehr unterschiedlicher Qualität. Es wa-
ren insgesamt rund 6000 Seiten.6 In diesen Jahren entstanden bereits sei-
ne opera 1–6, darunter die Verklärte Nacht für Streichsextett op. 4, Pelleas
und Melisande op. 5 und die Anfänge der Gurrelieder. Die Operettenarbei-
ten betrafen auch Komponisten und Werke, die damals erfolgreich waren
und noch in der Zwischenkriegszeit gespielt wurden, u. a. von Adalbert v.
Goldschmidt (1848–1906) und Bruno Granichstaedten (1879–1944), später
in Berlin war Bogumil Zepler (1858–1918) der größte Auftraggeber. Aus den
persönlichen Kontakten entwickelten sich Freundschaften, die ihm Kon-
takte für sein Engagement als Dirigent an Ernst von Wolzogens Berliner
Kabarett Überbrettl brachten, wo bereits Edmund Eysler und Oscar Straus
tätig waren. Anfang 1901 hatte er seine Brettl-Lieder komponiert, deren
Nummern durchaus in Operetten stehen könnten. Sie überzeugten Wol-
2 Arnold Schönberg, „Rückblick“, in Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik (Gesam
melte Schriften 1), Hrsg. Ivan Vojtěch (Frankfurt a. M.: Fischer, 1976), 397.
3 Copyright 2001 by Belmont Music Publishers, Pacific Palisades.
4 Copyright 2003 by Belmont Music Publishers, Los Angeles. Ein elfter Walzer blieb
Fragment.
5 Therese Muxeneder, „Walzer für Streichorchester (ca. 1897). Einführung“, in Salz
burger Festspiele 2004. Programmheft der Uraufführung (Salzburg: s. n., August
2004).
6 H. H. Stuckenschmidt, Schönberg. Leben. Umwelt. Werk (Zürich und Freiburg:
Atlantis, 1974), 48.
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