Page 29 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2023. Glasbena društva v dolgem 19. stoletju: med ljubiteljsko in profesionalno kulturo ▪︎ Music societies in the long 19th century: Between amateur and professional culture. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 6
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die gründung des deutschen sängerbundes (dsb) 1862 und das „österreich-problem“ ...
am 21.–24. Juli 1860 der Dritte Coburger Sängertag statt, bei dem die Teil-
nehmer beschlossen, im folgenden Jahr die Tradition der überregiona-
len „allgemeinen deutschen Sängerfeste“ im Vormärz in Würzburg 1845,
Köln 1846 und Lübeck 1847 wieder aufzunehmen und in Nürnberg vom
20. bis 23. Juli 1861 ein Großes Deutsches Sängerfest zu veranstalten.5 Es ver-
dient aus nationalpolitischer Sicht Beachtung, dass das Nürnberger Sänger-
fest eine Woche nach dem Schützenfest und der Gründung des Deutschen
Schützenbundes am 11. Juli 1861 in Gotha stattfinden sollte.6
Der Impuls aus Coburg überrascht nicht, galt doch Herzog Ernst II.
von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893) nicht nur als Schirmherr des
1859 gegründeten Deutschen Nationalvereins und als Förderer der Turner
und Schützen, sondern als komponierender Musikliebhaber in besonde-
rer Weise auch der Sänger. Im Rahmen des Dritten Coburger Sängertags
war seine „Hymne für Männerchor mit Begleitung von Blechinstrumen-
ten“ nach einem Text von Friedrich Konrad Müller von der Werra (1823–
1881) mit großem Applaus aufgeführt worden.7 Dass es jedoch bei diesem
Sängerfest 1860 nicht allein um die Beförderung des vereinsmäßig organi-
sierten Männergesangs ging, lässt die Grußbotschaft von Theodor Georgii
(1826–1892), dem Präsidenten des Deutschen Turnerbundes (gegr. 1848) und
Festpräsidenten des 1. Deutschen Turn- und Jugendfestes in Gotha 1860, er-
kennen, der das gemeinsame Anliegen von Turnern und Sängern beschwo-
ren hatte, ein „einig festes Band / Mit Liedern und mit Thaten“ für das deut-
sche Vaterland zu schmieden.8
Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass auch bei
diesem Dritten Coburger Sängertag durch die Teilnahme des Komponis-
ten Jakob Eduard Schmölzer (1812–1886) ein Österreicher vertreten war –
5 Friedhelm Brusniak, Das große Buch des Fränkischen Sängerbundes (München:
Schwingenstein, 1991), 86–101; Samuel Weibel, Die deutschen Musikfeste des 19.
Jahrhunderts im Spiegel der zeitgenössischen musikalischen Fachpresse (Kassel: Mer-
seburger, 2006), 172–3.
6 Grus, „Üb Aug und Hand“, 24.
7 Friedhelm Brusniak, „„Bin mit ganzem Herzen bei den Sängern‘. Herzog Ernst II.
von Sachsen-Coburg und Gotha als Protektor der deutschen Sängerbewegung“ in
Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893) und seine Zeit. Jubilä
umsschrift im Auftrag der Städte Coburg und Gotha, Hrsg. Harald Bachmann (Augs-
burg: Maro, 1993), 157–68; Hartmut Wecker, „Unmusikalisches Behagen und deut-
sches Empfinden. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha als Komponist
und Mäzen“, Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 38 (1993): 115–40.
8 [Friedrich Konrad] Müller von der Werra, Hrsg., Fest-Album des dritten Coburger
Sängertages (Coburg: Festausschuss, 1860), 45.
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am 21.–24. Juli 1860 der Dritte Coburger Sängertag statt, bei dem die Teil-
nehmer beschlossen, im folgenden Jahr die Tradition der überregiona-
len „allgemeinen deutschen Sängerfeste“ im Vormärz in Würzburg 1845,
Köln 1846 und Lübeck 1847 wieder aufzunehmen und in Nürnberg vom
20. bis 23. Juli 1861 ein Großes Deutsches Sängerfest zu veranstalten.5 Es ver-
dient aus nationalpolitischer Sicht Beachtung, dass das Nürnberger Sänger-
fest eine Woche nach dem Schützenfest und der Gründung des Deutschen
Schützenbundes am 11. Juli 1861 in Gotha stattfinden sollte.6
Der Impuls aus Coburg überrascht nicht, galt doch Herzog Ernst II.
von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893) nicht nur als Schirmherr des
1859 gegründeten Deutschen Nationalvereins und als Förderer der Turner
und Schützen, sondern als komponierender Musikliebhaber in besonde-
rer Weise auch der Sänger. Im Rahmen des Dritten Coburger Sängertags
war seine „Hymne für Männerchor mit Begleitung von Blechinstrumen-
ten“ nach einem Text von Friedrich Konrad Müller von der Werra (1823–
1881) mit großem Applaus aufgeführt worden.7 Dass es jedoch bei diesem
Sängerfest 1860 nicht allein um die Beförderung des vereinsmäßig organi-
sierten Männergesangs ging, lässt die Grußbotschaft von Theodor Georgii
(1826–1892), dem Präsidenten des Deutschen Turnerbundes (gegr. 1848) und
Festpräsidenten des 1. Deutschen Turn- und Jugendfestes in Gotha 1860, er-
kennen, der das gemeinsame Anliegen von Turnern und Sängern beschwo-
ren hatte, ein „einig festes Band / Mit Liedern und mit Thaten“ für das deut-
sche Vaterland zu schmieden.8
Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass auch bei
diesem Dritten Coburger Sängertag durch die Teilnahme des Komponis-
ten Jakob Eduard Schmölzer (1812–1886) ein Österreicher vertreten war –
5 Friedhelm Brusniak, Das große Buch des Fränkischen Sängerbundes (München:
Schwingenstein, 1991), 86–101; Samuel Weibel, Die deutschen Musikfeste des 19.
Jahrhunderts im Spiegel der zeitgenössischen musikalischen Fachpresse (Kassel: Mer-
seburger, 2006), 172–3.
6 Grus, „Üb Aug und Hand“, 24.
7 Friedhelm Brusniak, „„Bin mit ganzem Herzen bei den Sängern‘. Herzog Ernst II.
von Sachsen-Coburg und Gotha als Protektor der deutschen Sängerbewegung“ in
Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893) und seine Zeit. Jubilä
umsschrift im Auftrag der Städte Coburg und Gotha, Hrsg. Harald Bachmann (Augs-
burg: Maro, 1993), 157–68; Hartmut Wecker, „Unmusikalisches Behagen und deut-
sches Empfinden. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha als Komponist
und Mäzen“, Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 38 (1993): 115–40.
8 [Friedrich Konrad] Müller von der Werra, Hrsg., Fest-Album des dritten Coburger
Sängertages (Coburg: Festausschuss, 1860), 45.
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