Page 45 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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die stilistische vielfalt von orlando di lassos weltlichem schaffen ...
Notenbeispiel 9: „Matona mia cara“: „mi ficcar tutta notte“.
Devotion geschickt“22. Nun, der Landsknecht singt ja tatsächlich das gan-
ze Lied davon, daß sich das Mädchen ihm hingeben soll, und er ist selbst
auch nur allzu bereit zur „Liebe“. In diesem Werk überschreitet der Baß
sein en Ambitus etliche Male, was wohl bereits eine Vorstufe für den später
aus Gründen der deutlichen („fundamentbezogenen“) Harmonik b isweilen
im Baß auftauchenden „tonus mixtus“ darstellt, der plagalen und authenti-
schen Ambitus vereint.23 Vielleicht soll aber auch just der Baß die angespro-
chenen „Ausschweifungen“ musikalisch versinnbildlichen. Denn auch die
zwei Ambitus-Überschreitungen im Tenor betreffen einerseits den Vergle-
ich mit der fetten Niere (grasse come rognon), andererseits den Vergleich
mit dem beim Geschlechtsverkehr (ficcar) wild stoßenden (urtar) Wid-
der (monton) – Grund genug für ein unerlaubtes Komponieren. Was das
prüde deutsche Verlagswesen aus diesem saftigen Stück macht, sieht man
in Notenbeispiel 9: aus dem „mi ficcar tutta notte“ wird „mi bacciar tutta
notte“ und aus dem „urtar come monton“ wird „ballar come monton“
22 Bernhard, „Tractatus compositionis augmentatus“, S. 95.
23 Zum „modus mixtus“ siehe Meier, Die Tonarten der klassischen Vokalpolyphonie, S.
270–274, sowie Meier, Alte Tonarten. Dargestellt an der Instrumentalmusik des 16.
und 17. Jahrhunderts, S. 145–147.
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Notenbeispiel 9: „Matona mia cara“: „mi ficcar tutta notte“.
Devotion geschickt“22. Nun, der Landsknecht singt ja tatsächlich das gan-
ze Lied davon, daß sich das Mädchen ihm hingeben soll, und er ist selbst
auch nur allzu bereit zur „Liebe“. In diesem Werk überschreitet der Baß
sein en Ambitus etliche Male, was wohl bereits eine Vorstufe für den später
aus Gründen der deutlichen („fundamentbezogenen“) Harmonik b isweilen
im Baß auftauchenden „tonus mixtus“ darstellt, der plagalen und authenti-
schen Ambitus vereint.23 Vielleicht soll aber auch just der Baß die angespro-
chenen „Ausschweifungen“ musikalisch versinnbildlichen. Denn auch die
zwei Ambitus-Überschreitungen im Tenor betreffen einerseits den Vergle-
ich mit der fetten Niere (grasse come rognon), andererseits den Vergleich
mit dem beim Geschlechtsverkehr (ficcar) wild stoßenden (urtar) Wid-
der (monton) – Grund genug für ein unerlaubtes Komponieren. Was das
prüde deutsche Verlagswesen aus diesem saftigen Stück macht, sieht man
in Notenbeispiel 9: aus dem „mi ficcar tutta notte“ wird „mi bacciar tutta
notte“ und aus dem „urtar come monton“ wird „ballar come monton“
22 Bernhard, „Tractatus compositionis augmentatus“, S. 95.
23 Zum „modus mixtus“ siehe Meier, Die Tonarten der klassischen Vokalpolyphonie, S.
270–274, sowie Meier, Alte Tonarten. Dargestellt an der Instrumentalmusik des 16.
und 17. Jahrhunderts, S. 145–147.
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