Page 73 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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die wiener volksoper als „nationale spielstätte“
Am 10. Jänner 1897 lesen wir dann von einem „eigens aufgeführten
Gebäude“ mit einem „Kolossalgemälde“ „Kaiser Franz Joseph und seine
Zeit“:
Aus der ganzen Monarchie soll architektonisch und figuralisch das
Merkwürdigste und Hervorragendste dargestellt werden, das nicht
nur die Regierungszeit unseres Kaisers umfaßt, sondern bis in das
Jahr 1830 zurückreicht,7
also bis zur Geburt von Franz Joseph. Bezüglich dieser „Ruhmeshalle“ be-
ließ man es dann aber bei jener „Ruhmeshalle im Arsenale“, die Kaiser
Franz Joseph 1863 zu errichten angeordnet hatte und in der „alle Heerfüh-
rer von Leopold I. von Babenberg bis zu FM. Radetzky in Statuen vere-
wigt“8 sind.
Am 23. Jänner 1897 kam dann aber ein Projekt zur Sprache, das dann
wirklich ausgeführt wurde und das unser eigentliches Thema eröffnet: „in
Währing zum Kaiserjubiläum ein Theater zu bauen“. Zunächst wurde aber
noch, wie zu lesen ist, „von Strebern Disharmonie in den Verein [„der Pro-
jectanten“] hineingebracht“,9 was dann am 9. Juli zu einer gehässigen Dis-
kussion im Wiener Gemeinderat führte. Es sei, meinte ein Redner, eine
„Zumuthung [...], mindestens 260.000 fl. zu bringen, um ein Theater zu
bauen, in dem jene Herren schaffen können, welche den früheren Verein
durch ihre Intriguen unmöglich gemacht haben.“ Und: „Viel nothwendiger
wäre es, ein Kinderspital zu erbauen! Nur um einigen Parteigenossen Ge-
legenheit zum Paradiren zu geben, wird das Theater gebaut.“ Ein anderer
meinte, „es sei höchst nothwendig, daß endlich ein ordentliches Volksthe-
ater in Wien erstehe.“ Und jetzt wurde es politisch: „Der Majorität handle
es sich blos darum, ein antisemitisches Theater zu bekommen“, schimpfte
der nächste, was sofort zur Erwiderung führte: „Wir wollen kein antisemi-
tisches Theater, sondern ein deutsches Theater, welches deutschen Schrift-
stellern und deutschen Künstlern Gelegenheit zu wirken geben soll, da-
mit nicht die Juden dominiren. (Beifall.)“ Letztendlich wurde der Antrag
auf die Summe von 260.000 fl. „mit allen gegen“ nur eine Gegenstimme
„angenommen“.10
7 Das Vaterland Nr. 10, 10. Jänner 1897, S. 6.
8 Neues Wiener Journal Nr. 1695, 13. Juli 1898, S. 6.
9 Deutsches Volksblatt Nr. 2895, 23. Januar 1897, S. 9.
10 Das Vaterland Nr. 188, 10. Juli 1897, S. 6.
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Am 10. Jänner 1897 lesen wir dann von einem „eigens aufgeführten
Gebäude“ mit einem „Kolossalgemälde“ „Kaiser Franz Joseph und seine
Zeit“:
Aus der ganzen Monarchie soll architektonisch und figuralisch das
Merkwürdigste und Hervorragendste dargestellt werden, das nicht
nur die Regierungszeit unseres Kaisers umfaßt, sondern bis in das
Jahr 1830 zurückreicht,7
also bis zur Geburt von Franz Joseph. Bezüglich dieser „Ruhmeshalle“ be-
ließ man es dann aber bei jener „Ruhmeshalle im Arsenale“, die Kaiser
Franz Joseph 1863 zu errichten angeordnet hatte und in der „alle Heerfüh-
rer von Leopold I. von Babenberg bis zu FM. Radetzky in Statuen vere-
wigt“8 sind.
Am 23. Jänner 1897 kam dann aber ein Projekt zur Sprache, das dann
wirklich ausgeführt wurde und das unser eigentliches Thema eröffnet: „in
Währing zum Kaiserjubiläum ein Theater zu bauen“. Zunächst wurde aber
noch, wie zu lesen ist, „von Strebern Disharmonie in den Verein [„der Pro-
jectanten“] hineingebracht“,9 was dann am 9. Juli zu einer gehässigen Dis-
kussion im Wiener Gemeinderat führte. Es sei, meinte ein Redner, eine
„Zumuthung [...], mindestens 260.000 fl. zu bringen, um ein Theater zu
bauen, in dem jene Herren schaffen können, welche den früheren Verein
durch ihre Intriguen unmöglich gemacht haben.“ Und: „Viel nothwendiger
wäre es, ein Kinderspital zu erbauen! Nur um einigen Parteigenossen Ge-
legenheit zum Paradiren zu geben, wird das Theater gebaut.“ Ein anderer
meinte, „es sei höchst nothwendig, daß endlich ein ordentliches Volksthe-
ater in Wien erstehe.“ Und jetzt wurde es politisch: „Der Majorität handle
es sich blos darum, ein antisemitisches Theater zu bekommen“, schimpfte
der nächste, was sofort zur Erwiderung führte: „Wir wollen kein antisemi-
tisches Theater, sondern ein deutsches Theater, welches deutschen Schrift-
stellern und deutschen Künstlern Gelegenheit zu wirken geben soll, da-
mit nicht die Juden dominiren. (Beifall.)“ Letztendlich wurde der Antrag
auf die Summe von 260.000 fl. „mit allen gegen“ nur eine Gegenstimme
„angenommen“.10
7 Das Vaterland Nr. 10, 10. Jänner 1897, S. 6.
8 Neues Wiener Journal Nr. 1695, 13. Juli 1898, S. 6.
9 Deutsches Volksblatt Nr. 2895, 23. Januar 1897, S. 9.
10 Das Vaterland Nr. 188, 10. Juli 1897, S. 6.
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