Page 54 - Weiss, Jernej, ur. 2020. Konservatoriji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela ▪︎ The conservatories: professionalisation and specialisation of musical activity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 4
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konservator iji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela
mit deutschlandweiten Konzerten, z.B. 1922 in Karlsruhe und 1924 in Ham-
burg, erstmals eine breitere Öffentlichkeit mit der Musik des Mittelalters
bekannt.
Die nach den Dispositionen in der Organographia (Syntagma musi-
cum, Bd. 2, 1619) von Michael Praetorius konzipierte Orgel ließ Gurlitt von
dem Ludwigsburger Oscar Walcker für den Hörsaal nachbauen und initi-
ierte damit neue Anregungen für die deutsche Orgelbewegung der 1920er
Jahre. Die Orgel wurde 1944 durch Bomben zerstört und 1954/55 von Wer-
ner Walcker-Mayer mit mitteltöniger Stimmung wieder errichtet.
Auch Hermann Erpf (1891–1969) hatte bei Riemann in Leipzig promo-
viert und war von 1923 bis 1925 Lektor für Musiktheorie am Freiburger In-
stitut. Zunächst unter Gurlitt und vor allem unter Erpf als neuem Leiter,
widmete sich das Collegium verstärkt der Neuen Musik. Die öffentlich zu-
gänglichen Konzerte wurden ausschließlich von einheimischen Kräften
gestaltet, darunter Studenten und Musikliebhaber. Die Einführungen gab
meist Erpf.
Diese Veranstaltungen, so Erpf,
gingen aus dem Bedürfnis hervor, das Musikschaffen der Gegen-
wart in seinen Haupterscheinungen fortlaufend kennen zu lernen.
Ausgehend von der späten Kammermusik Max Regers, wurden in
strenger Beschränkung auf diese heute führende Gattung, die her-
vortretenden Namen, zunächst des deutschen Sprachgebiets, vor-
geführt; ein einleitender Vortrag orientierte jeweils über Kompo-
nisten und Werke. […] In jedem Semester fanden durchschnittlich
vier auch öffentlich zugängliche Abende im Hörsaal des Musikwis-
senschaftlichen Seminars, Bertholdstr. 14, statt. Sämtliche Auffüh-
rungen waren für Freiburg erstmalig, einige davon Uraufführun-
gen; schwer verständliche Werke wurden mehrfach wiederholt. […]
Zum erstenmal wurde hier die zeitgenössische Musik in den Rah-
men der sog. Collegia musica, die nach Hugo Riemanns Vorbild
ihre Hauptaufgabe in dem Studium und der Pflege alter Musik se-
hen, und damit als Gesamterscheinung in das Arbeitsgebiet eines
musikwissenschaftlichen Universitätsseminars einbezogen.2
berg, Bd. 11, hrsg. von. Georg Günther, Walter Salmen und Gabriele Busch-Salmen
(München: Strube –Verlag, 2004), 187–219.
2 Informationsblatt mit einem „Verzeichnis der bisherigen Veranstaltungen [7. 11.
1921–23. 7. 1923]“.
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mit deutschlandweiten Konzerten, z.B. 1922 in Karlsruhe und 1924 in Ham-
burg, erstmals eine breitere Öffentlichkeit mit der Musik des Mittelalters
bekannt.
Die nach den Dispositionen in der Organographia (Syntagma musi-
cum, Bd. 2, 1619) von Michael Praetorius konzipierte Orgel ließ Gurlitt von
dem Ludwigsburger Oscar Walcker für den Hörsaal nachbauen und initi-
ierte damit neue Anregungen für die deutsche Orgelbewegung der 1920er
Jahre. Die Orgel wurde 1944 durch Bomben zerstört und 1954/55 von Wer-
ner Walcker-Mayer mit mitteltöniger Stimmung wieder errichtet.
Auch Hermann Erpf (1891–1969) hatte bei Riemann in Leipzig promo-
viert und war von 1923 bis 1925 Lektor für Musiktheorie am Freiburger In-
stitut. Zunächst unter Gurlitt und vor allem unter Erpf als neuem Leiter,
widmete sich das Collegium verstärkt der Neuen Musik. Die öffentlich zu-
gänglichen Konzerte wurden ausschließlich von einheimischen Kräften
gestaltet, darunter Studenten und Musikliebhaber. Die Einführungen gab
meist Erpf.
Diese Veranstaltungen, so Erpf,
gingen aus dem Bedürfnis hervor, das Musikschaffen der Gegen-
wart in seinen Haupterscheinungen fortlaufend kennen zu lernen.
Ausgehend von der späten Kammermusik Max Regers, wurden in
strenger Beschränkung auf diese heute führende Gattung, die her-
vortretenden Namen, zunächst des deutschen Sprachgebiets, vor-
geführt; ein einleitender Vortrag orientierte jeweils über Kompo-
nisten und Werke. […] In jedem Semester fanden durchschnittlich
vier auch öffentlich zugängliche Abende im Hörsaal des Musikwis-
senschaftlichen Seminars, Bertholdstr. 14, statt. Sämtliche Auffüh-
rungen waren für Freiburg erstmalig, einige davon Uraufführun-
gen; schwer verständliche Werke wurden mehrfach wiederholt. […]
Zum erstenmal wurde hier die zeitgenössische Musik in den Rah-
men der sog. Collegia musica, die nach Hugo Riemanns Vorbild
ihre Hauptaufgabe in dem Studium und der Pflege alter Musik se-
hen, und damit als Gesamterscheinung in das Arbeitsgebiet eines
musikwissenschaftlichen Universitätsseminars einbezogen.2
berg, Bd. 11, hrsg. von. Georg Günther, Walter Salmen und Gabriele Busch-Salmen
(München: Strube –Verlag, 2004), 187–219.
2 Informationsblatt mit einem „Verzeichnis der bisherigen Veranstaltungen [7. 11.
1921–23. 7. 1923]“.
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