Page 306 - Stati inu obstati, revija za vprašanja protestantizma, letnik II (2006), številki 3-4, ISSN 1408-8363
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SYNOPSES, ZUSAMMENFASSUNGEN

sophie der Kultur und Ethik das Bedeutendste und das Einflußreichste ist,
sogar für die Entstehung des Weltethos (1993). Der Beitrag analysiert näher
sein Verständnis über den engeren Zusammenhang von Ethik und Kultur,
wobei er ausdrücklich davon ausgeht, daß »als das Wesentliche der Kultur die
ethische Vollendung der Einzelnen wie der Gesellschaft anzusehen ist. Zugleich
aber hat jeder geistige und jeder materielle Fortschritt Kulturbedeutung. Der
Wille zur Kultur ist also universeller Fortschrittswille, der sich des Ethischen
als des höchsten Wertes bewußt ist.«

Nur dann, wenn Kultur ethische Besinnung mit sich trägt, kann sie nach
Schweitzer als etwas Fortschrittliches gelten und aus seinem Leben und Werk
in Afrika erfolgt, daß Menschen überall in der Welt – auch die im Urwald
lebenden – das Wissen über das Ethische und Nichtethische haben. Mit seiner
Philosophie des Lebens erwartete Schweitzer nach seiner eigenen Beschrei-
bung in Kultur und Ethik folgendes: »Zur Ethik gehört Ethik der leidenden
Selbstvervollkommnung in dem innerlichen Freiwerden von der Welt (Resi-
gnation), Ethik der tätigen Selbstvervollkommnung in dem ethischen Ver-
halten von Mensch zu Mensch und Ethik der ethischen Gesellschaft. Ethik ist
also eine weitausgedehnte Tonreihe. Aus dem noch nicht Ethischen tritt sie da
heraus, wo die Schwingungen der Resignation als Töne ethischer Resigna-
tion vernehmbar zu werden beginnen. In immer lebhafteren Schwingungen
geht sie aus der Resignationsethik in die Ethik der tätigen Selbstvervollkomm-
nung über. Nach oben hin läuft sie in die schon mehr oder weniger als Geräu-
sche wirkende Töne der Ethik der Gesellschaft aus und verklingt zuletzt in
den nur noch bedingterweise ethischen, gesetzlichen Geboten der Gesell-
schaft.«

Aufgrund dieser Ansichten erfolgt eine Sonderaufgabe an Philosophie
gemeint als Weltbegriff (conceptus cosmicus), denn nach Schweitzer ist »die
Philosophie Anführerin und Wächterin der allgemeinen Vernunft«. Der vor-
liegende Artikel endet deshalb mit Ernst Cassirers positiver Deutung der
Philosophie Albert Schweitzers zur deutschen Kulturphilosophie. Innerhalb
dieser Kulturphilosophie, die ausdrücklich auf der Kategorie der Ehrfurcht
vor dem Leben beruht, und mit seinem nüchternen Idealismus appelliert
Schweitzer an etwas ganz Elementares, was er selbst aus der Philosophie von
Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche erlesen hat. Dabei handelt es
sich um eine Ethik, die im Grunde nichts anderes ist als ins Grenzenlose
erweiterte Verantwortung für alles, was lebt. Heute können wir unsere Ein-
stellung zur Welt als grenzenlose Verantwortung für das Weltsein und für das
Leben in der Welt verstehen, weil die moderne Technik deren Existenz bereits
gefährdet und sie zu vernichten droht.

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