Page 38 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama
geführt. Trotz einer zunächst eher verhaltenen Resonanz war sie rasch er-
folgreich und gehört bis heute zu den meistgespielten Werken des Kompo-
nisten. Adolf Hitler war bei der Uraufführung anwesend gewesen und blieb
seitdem ein großer Verehrer Lehárs. Als die beiden einander 1936 bei einer
Tagung in Berlin begegneten, war Hitler, nach Albert Speers Zeugnis, „noch
Tage danach beglückt über dieses bedeutungsvolle Zusammentreffen“25. Diese
besondere Verbindung half, wurde aber von Teilen des Regimes, vor allem
von Alfred Rosenberg, dem führenden Ideologen der NSDAP und seit 1933
Leiter des Außenpolitischen Amtes, unterlaufen, der Lehárs Vita und das
seiner Umgebung sehr genau durchleuchtete. Ein erster Boykott von Lehárs
Aufführungen wurde dank einer Intervention Goebbels rasch aufgehoben.
1938 wurde Lehárs Frau zur „Ehrenarierin“ erklärt,26 1940 erhielt er in Ber-
lin bzw. Wien aus Hitlers Hand Auszeichnungen, darunter eine Goetheme-
daille27, und das trotz eines damaligen Verbots seines Singspiels Friederike
(UA Berlin 1928) wegen der jüdischen Librettisten. Allerdings wurde das
Werk in Privataufführungen bei Goebbels gegeben.28
Lehár revanchierte sich verschiedentlich: So schenkte er Hitler 1938
zum Geburtstag ein in Maroquin-Leder gebundenes Bändchen zur Erinne-
rung an die 50. Aufführung der Lustigen Witwe; 1941 stellte er sich für Pro-
pagandakonzerte im besetzten Paris zur Verfügung. Und er ließ sich von
den hohen Kulturfunktionären Peter Kreuder und Fritz Fischer überzeu-
gen, seine Lustige Witwe als Revue in 33 Bildern für das Münchner Gärt-
nertheater bearbeiten zu lassen. Kreuder erinnert sich:
Ich fuhr zu Franz Lehár nach Bad Ischl und rang ihm die Erlaub
nis ab, die „Lustige Witwe“ neu bearbeiten zu dürfen. Ich moder
nisierte seine Operette und polierte sie mit vielen Jazzelementen
auf. Nach der rauschenden Premiere begaben wir uns alle wieder
in das Künstlerhaus am Lenbachplatz. […] Hitler erschien […]. Er
erzählte mir, daß er als junger Mann in Wien viele Aufführungen
der „Lustigen Witwe“ gesehen hätte und von meiner Neubearbei
tung restlos begeistert sei. Er nannte es nicht Jazz, was ich gespielt
hatte. Er nannte es „moderne Rhythmen“.29
25 Maisel, „Dein ist mein ganzes Herz“ (Anm. 21).
26 Stefan Frey, Was sagt ihr zu diesem Erfolg. Franz Lehár und die Unterhaltungsmusik
des 20. Jahrhunderts (Frankfurt am Main / Leipzig: Insel, 1999), 338f.
27 Schwarberg, Dein ist mein ganzes Herz (Anm. 22), 128 und 157.
28 Guido P. Sander, Austria Forum Essays.
29 Peter Kreuder, Nur Puppen haben keine Tränen. Ein Lebensbericht (Bergisch Glad-
bach: Bastei-Lübbe, 1973), 251.
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geführt. Trotz einer zunächst eher verhaltenen Resonanz war sie rasch er-
folgreich und gehört bis heute zu den meistgespielten Werken des Kompo-
nisten. Adolf Hitler war bei der Uraufführung anwesend gewesen und blieb
seitdem ein großer Verehrer Lehárs. Als die beiden einander 1936 bei einer
Tagung in Berlin begegneten, war Hitler, nach Albert Speers Zeugnis, „noch
Tage danach beglückt über dieses bedeutungsvolle Zusammentreffen“25. Diese
besondere Verbindung half, wurde aber von Teilen des Regimes, vor allem
von Alfred Rosenberg, dem führenden Ideologen der NSDAP und seit 1933
Leiter des Außenpolitischen Amtes, unterlaufen, der Lehárs Vita und das
seiner Umgebung sehr genau durchleuchtete. Ein erster Boykott von Lehárs
Aufführungen wurde dank einer Intervention Goebbels rasch aufgehoben.
1938 wurde Lehárs Frau zur „Ehrenarierin“ erklärt,26 1940 erhielt er in Ber-
lin bzw. Wien aus Hitlers Hand Auszeichnungen, darunter eine Goetheme-
daille27, und das trotz eines damaligen Verbots seines Singspiels Friederike
(UA Berlin 1928) wegen der jüdischen Librettisten. Allerdings wurde das
Werk in Privataufführungen bei Goebbels gegeben.28
Lehár revanchierte sich verschiedentlich: So schenkte er Hitler 1938
zum Geburtstag ein in Maroquin-Leder gebundenes Bändchen zur Erinne-
rung an die 50. Aufführung der Lustigen Witwe; 1941 stellte er sich für Pro-
pagandakonzerte im besetzten Paris zur Verfügung. Und er ließ sich von
den hohen Kulturfunktionären Peter Kreuder und Fritz Fischer überzeu-
gen, seine Lustige Witwe als Revue in 33 Bildern für das Münchner Gärt-
nertheater bearbeiten zu lassen. Kreuder erinnert sich:
Ich fuhr zu Franz Lehár nach Bad Ischl und rang ihm die Erlaub
nis ab, die „Lustige Witwe“ neu bearbeiten zu dürfen. Ich moder
nisierte seine Operette und polierte sie mit vielen Jazzelementen
auf. Nach der rauschenden Premiere begaben wir uns alle wieder
in das Künstlerhaus am Lenbachplatz. […] Hitler erschien […]. Er
erzählte mir, daß er als junger Mann in Wien viele Aufführungen
der „Lustigen Witwe“ gesehen hätte und von meiner Neubearbei
tung restlos begeistert sei. Er nannte es nicht Jazz, was ich gespielt
hatte. Er nannte es „moderne Rhythmen“.29
25 Maisel, „Dein ist mein ganzes Herz“ (Anm. 21).
26 Stefan Frey, Was sagt ihr zu diesem Erfolg. Franz Lehár und die Unterhaltungsmusik
des 20. Jahrhunderts (Frankfurt am Main / Leipzig: Insel, 1999), 338f.
27 Schwarberg, Dein ist mein ganzes Herz (Anm. 22), 128 und 157.
28 Guido P. Sander, Austria Forum Essays.
29 Peter Kreuder, Nur Puppen haben keine Tränen. Ein Lebensbericht (Bergisch Glad-
bach: Bastei-Lübbe, 1973), 251.
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