Page 35 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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arnold schönbergs verhältnis zur populären musik ...

Die Ehepaare Schönberg und Lehár trafen einander noch im Mai 1930
in Baden-Baden. Nach seiner Abreise schickte Schönberg aus Berlin, wo
er damals wohnte, Lehár den Klavierauszug seiner neuen Oper Von heute
auf morgen, der 1929 erschienen war (UA 1. Februar 1930 in Frankfurt am
Main) mit der Widmung „dem verehrten, lieben Meister Lehár“. Es ist seine
erste Oper in Zwölftontechnik, also eine anspruchsvolle Musik, von der er
glaubte, daß sie den auch für die Moderne aufgeschlossenen Komponisten
interessieren würde. Lehár, der noch in Baden-Baden kurte, bedankte sich
per Telegramm vom 20. Mai:

fuer die liebe uebersendung ihrer juengsten hochinteressanten
schoepfung herzlichen dank hatte riesenfreude wir muessen mor­
gen leider direkt nach wien hoffen aber doch auf baldiges wiederse­
hen allerherzlichst getreuester = franz lehar.20

Die Operette und das Judentum
1928 schrieb der katholische Ralph Benatzky, Komponist von Im weißen
Rössl (1930), ein vielfach begabter Künstler, der in Wien zum Dr. phil. pro-
moviert wurde, in sein Tagebuch über die Operettenszene:

Es gibt nur ein gutes, ideales Publikum: Die Juden! Sind viele im
Raum, so wird gelacht, geweint, ist Wärme und Dankbarkeit da,
Verständnis und Anerkennung und, sind viele Juden in einer Stadt,
ist eben auch Publikum da. Die geistige Beweglichkeit dieser Rasse,
die rasche Auffassung, die Kultur, der Sinn für die Pointe sind ide­
al für den Künstler, und nicht umsonst rekrutiert sich das Haupt­
kontingent der ausübenden und schaffenden Künstler aus die­
ser Nation. Von uns Wiener Komponisten z. B. Lehár, Strauß,
Kálmán, Fall, Granichstädten [sic!], Eysler, Stolz, Engel-Berger, Er­
win, Krauss, Werau, R. Fall, Katscher, Ch. Weinberger etc. sind
bloß Lehár und ich Christen, von den Verlegern Wiens: Weinber­
ger, Herzmansky, Hein, Call, Marischka bloß Herzmansky Christ,
von den Librettisten kenne ich zur Zeit überhaupt keinen, der es
wäre. Ebenso sind von den Schauspielern und Schauspielerinnen,
Sängern und Sängerinnen und Tänzerinnen die Nichtjuden nur
ganz selten, von den Direktoren gar nicht zu reden.21

20 Abgebildet bei Stuckenschmidt (Anm. 5), 307.
21 Ralph Benatzky, Triumph und Tristesse. Aus den Tagebüchern von 1919 bis 1949,

Hrsg. Inge Jens und Christiane Niklew (Berlin: Parthos, 2002), 66.

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