Page 85 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
P. 85
der kampf der komponisten der „heiteren musik“ um anerkennung ...
einige wenige, aber umso hartnäckigere Gegner der Schutzfristver
längerung umzustimmen, in denen leider zu spät die Erkenntnis
reifen wird, daß sie unserem Staate nicht genützt, sondern durch
ihren Widerstand der österreichischen Volkswirtschaft einen nicht
wieder gutzumachenden Schaden zugefügt haben. [...] Dies sei je
nen gesagt, die sich nicht überzeugen lassen wollten und die sich
nunmehr darüber Rechenschaft zu geben haben, daß sie ein uner
setzliches Kulturgut mutwillig verschleudert haben.21
Die Kleine Volks-Zeitung berichtete (unter dem Titel „Kein Johann
Strauß=Gesetz“) interessante Details über die Umstände der Ablehnung,
die sowohl ein bezeichnendes Licht auf das Abstimmungsverhalten der
(vor allem die Interessen der Wirtschaft vertretenden) „christlichsozialen“
Partei als auch auf die Sichtweise der „bürgerlichen“ Musikkreise bzw. der
Staatsoper werfen, die im Gegenzug Tantiemen auf Werke der häufig ge-
spielten Opern von Giuseppe Verdi befürchteten:
In der vergangenen Woche hatten Verhandlungen zwischen den
Mehrheitsparteien stattgefunden, um die Schutzfrist für die Wer
ke von Johann Strauß und Millöck e r zu verlängern. Bei diesen
Besprechungen erhoben die Chr i stlich sozialen gegen die Ver
längerung Einspruch. [...] Da der Nationalrat bis Ende dieses Jah
res nicht mehr zusammentritt, ist keine Möglichkeit gegeben, die
ses Gesetz noch zu schaffen, und die Verlängerung der Schutz f r i st
für die We rk e von Johann Strauß und Millöck e r ist damit ge
fallen . [...]
Zur Begründung der Nichtverlängerung der Schutzfrist für die Wer
ke von Johann Strauß und Millöcker wurde im Parlament unter an
derem folgendes angeführt: Wenn das Gesetz durchgegangen wäre,
so hätte dies zur Folge gehabt, daß andre Sta aten wegen der Re
ziprozität die Verlängerung der Schutzfrist auch für Werke ihre r
Autoren verlangt hätten. In Betracht kommen hier die Werke von
Ve rdi , die gleichfalls mit Beginn dieses Jahres frei werden, da Ver
di im Jahre 1901 gestorben ist. Die Tantiemen, welche die Wiener
Sta at sope r für die Werke von Verdi und Johann Strauß entrich
ten muß, machten im Jahre eine Summe von ungefähr 50,000
S[chilling] aus. Diese kommt infolge der Nichtverlängerung der
Schutzfrist in Wegfall. Die Aufführung des „Zigeune rbaron“
21 ÖAZ IV/1, April 1932, 3.
83
einige wenige, aber umso hartnäckigere Gegner der Schutzfristver
längerung umzustimmen, in denen leider zu spät die Erkenntnis
reifen wird, daß sie unserem Staate nicht genützt, sondern durch
ihren Widerstand der österreichischen Volkswirtschaft einen nicht
wieder gutzumachenden Schaden zugefügt haben. [...] Dies sei je
nen gesagt, die sich nicht überzeugen lassen wollten und die sich
nunmehr darüber Rechenschaft zu geben haben, daß sie ein uner
setzliches Kulturgut mutwillig verschleudert haben.21
Die Kleine Volks-Zeitung berichtete (unter dem Titel „Kein Johann
Strauß=Gesetz“) interessante Details über die Umstände der Ablehnung,
die sowohl ein bezeichnendes Licht auf das Abstimmungsverhalten der
(vor allem die Interessen der Wirtschaft vertretenden) „christlichsozialen“
Partei als auch auf die Sichtweise der „bürgerlichen“ Musikkreise bzw. der
Staatsoper werfen, die im Gegenzug Tantiemen auf Werke der häufig ge-
spielten Opern von Giuseppe Verdi befürchteten:
In der vergangenen Woche hatten Verhandlungen zwischen den
Mehrheitsparteien stattgefunden, um die Schutzfrist für die Wer
ke von Johann Strauß und Millöck e r zu verlängern. Bei diesen
Besprechungen erhoben die Chr i stlich sozialen gegen die Ver
längerung Einspruch. [...] Da der Nationalrat bis Ende dieses Jah
res nicht mehr zusammentritt, ist keine Möglichkeit gegeben, die
ses Gesetz noch zu schaffen, und die Verlängerung der Schutz f r i st
für die We rk e von Johann Strauß und Millöck e r ist damit ge
fallen . [...]
Zur Begründung der Nichtverlängerung der Schutzfrist für die Wer
ke von Johann Strauß und Millöcker wurde im Parlament unter an
derem folgendes angeführt: Wenn das Gesetz durchgegangen wäre,
so hätte dies zur Folge gehabt, daß andre Sta aten wegen der Re
ziprozität die Verlängerung der Schutzfrist auch für Werke ihre r
Autoren verlangt hätten. In Betracht kommen hier die Werke von
Ve rdi , die gleichfalls mit Beginn dieses Jahres frei werden, da Ver
di im Jahre 1901 gestorben ist. Die Tantiemen, welche die Wiener
Sta at sope r für die Werke von Verdi und Johann Strauß entrich
ten muß, machten im Jahre eine Summe von ungefähr 50,000
S[chilling] aus. Diese kommt infolge der Nichtverlängerung der
Schutzfrist in Wegfall. Die Aufführung des „Zigeune rbaron“
21 ÖAZ IV/1, April 1932, 3.
83