Page 98 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama
tók (Frisch gewagt ist halb gewonnen!) und Paul Hindemith (Ernste Zei-
ten). Es brach ein regelrechter „Musikkrieg“ aus, so Arne Stollberg.6
Ging es hier ganz um die E-Musik, so hatte Julius Korngold, scharfer
Streiter im „Musikkrieg“, allerdings im Unterschied zu seinem Vorgänger
Eduard Hanslick ein Faible für Johann Strauss und seine Operette, ähnlich
wie Johannes Brahms und Robert Fuchs. In seinen Aufzeichnungen „Die
Korngolds in Wien“ berichtet er über seine frühe Begeisterung für Johann
Strauß:
So war ich einer der ersten Verbreiter des neuen Strauß – und was
für ein enthusiastischer! War ich doch schon als Gymnasiast dem
Zauber des Wiener Meisters erlegen, begierig über jeden neuen
Walzer, über jede neue Operette hergefallen. Pathetisch gerichte
te Jugend hält sonst gerne heitere Musik, zumal Tanzmusik, für
Kunst zweiter Ordnung. Ich spürte frühzeitig bei Strauß wie bei Of
fenbach jene Genialität, die kleine und große Form, kleine und gro
ße Kunst gleichzustellen nötigt. Strauß-Musik hat in sich täglich
erprobender Unsterblichkeit Bestand. Ich habe in Johann Strauß
immer auch den Schöpfer origineller, merkwürdig unsentimenta
ler, auch in der Lyrik immer rhythmisch durchpulster Melodien be
wundert, vollends selbstverständlich als das spezifische Genie tan
zender und tanzend singender Musikheiterkeit.7
So sehr sich Julius Korngold auch für diesen Bereich der U-Musik aus-
sprach, die Wendung seines Sohnes Wolfgang Erich zur Strauß‘schen Ope-
rette begrüßte er nicht, sondern begründete sie mit materiellen Zwängen,
die ihm die Hochzeit mit Luzi von Sonnenthal und die Gründung einer ei-
genen Familie ermöglichten:
Rührend sein Zögern, das Vaterhaus zu verlassen, rührend sein
rechnendes Erwägen der Existenzbedingungen, die ihm erst durch
ein ihm angebotenes Abkommen mit dem Theater an der Wien,
klassische Operetten zu bearbeiten und zu dirigieren, gesichert
schienen.8
6 Arne Stollberg, „Im Pulverdampf. Erich Wolfgang Korngold und der Musikkrieg des
20. Jahrhunderts“, Österreichische Musikzeitschrift, Heft 7 (2007): 5–14. Vgl. auch Ec-
khard John, Musikbolschewismus. Die Politisierung der Musik in Deutschland 1918–
1938 (Stuttgart, Weimar: Metzler, 1994).
7 Julius Korngold, Die Korngolds in Wien. Der Musikkritiker und das Wunderkind
(Zürich, St. Gallen: M&T Verlag, 1991), 38.
8 Ibid., 287.
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tók (Frisch gewagt ist halb gewonnen!) und Paul Hindemith (Ernste Zei-
ten). Es brach ein regelrechter „Musikkrieg“ aus, so Arne Stollberg.6
Ging es hier ganz um die E-Musik, so hatte Julius Korngold, scharfer
Streiter im „Musikkrieg“, allerdings im Unterschied zu seinem Vorgänger
Eduard Hanslick ein Faible für Johann Strauss und seine Operette, ähnlich
wie Johannes Brahms und Robert Fuchs. In seinen Aufzeichnungen „Die
Korngolds in Wien“ berichtet er über seine frühe Begeisterung für Johann
Strauß:
So war ich einer der ersten Verbreiter des neuen Strauß – und was
für ein enthusiastischer! War ich doch schon als Gymnasiast dem
Zauber des Wiener Meisters erlegen, begierig über jeden neuen
Walzer, über jede neue Operette hergefallen. Pathetisch gerichte
te Jugend hält sonst gerne heitere Musik, zumal Tanzmusik, für
Kunst zweiter Ordnung. Ich spürte frühzeitig bei Strauß wie bei Of
fenbach jene Genialität, die kleine und große Form, kleine und gro
ße Kunst gleichzustellen nötigt. Strauß-Musik hat in sich täglich
erprobender Unsterblichkeit Bestand. Ich habe in Johann Strauß
immer auch den Schöpfer origineller, merkwürdig unsentimenta
ler, auch in der Lyrik immer rhythmisch durchpulster Melodien be
wundert, vollends selbstverständlich als das spezifische Genie tan
zender und tanzend singender Musikheiterkeit.7
So sehr sich Julius Korngold auch für diesen Bereich der U-Musik aus-
sprach, die Wendung seines Sohnes Wolfgang Erich zur Strauß‘schen Ope-
rette begrüßte er nicht, sondern begründete sie mit materiellen Zwängen,
die ihm die Hochzeit mit Luzi von Sonnenthal und die Gründung einer ei-
genen Familie ermöglichten:
Rührend sein Zögern, das Vaterhaus zu verlassen, rührend sein
rechnendes Erwägen der Existenzbedingungen, die ihm erst durch
ein ihm angebotenes Abkommen mit dem Theater an der Wien,
klassische Operetten zu bearbeiten und zu dirigieren, gesichert
schienen.8
6 Arne Stollberg, „Im Pulverdampf. Erich Wolfgang Korngold und der Musikkrieg des
20. Jahrhunderts“, Österreichische Musikzeitschrift, Heft 7 (2007): 5–14. Vgl. auch Ec-
khard John, Musikbolschewismus. Die Politisierung der Musik in Deutschland 1918–
1938 (Stuttgart, Weimar: Metzler, 1994).
7 Julius Korngold, Die Korngolds in Wien. Der Musikkritiker und das Wunderkind
(Zürich, St. Gallen: M&T Verlag, 1991), 38.
8 Ibid., 287.
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