Page 198 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2024. Glasbena kritika – nekoč in danes ▪︎ Music Criticism – Yesterday and Today. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 7
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glasbena kritika – nekoč in danes | music criticism – yesterday and today

ren, da es im ersten Fall eher um die Denkweise und den Inhalt handelt und
im zweiten hingegen um die Form.

Die wichtigste Signifikanz der Musikkritik besteht aus den urteilen-
den (analysierenden oder bewertenden) Komponenten. Auch ihre Haupt-
aufgabe ist, im Gegensatz zum Musikjournalismus, nicht informieren,
sondern analysieren. In häufigen Fällen findet die Musikkritik ihre publi-
zistische Realisierung in Massenmedien, und wird bei dieser Begebenheit
zum Instrument des Musikjournalismus.

T. W. Adorno behauptete zwar,

daß Musikkritik nicht, wie es vielfach erscheint, bloßes Mittel der Kom-
munikation ist [...]. Vielmehr ist Musikkritik, wenn man ihren Begriff
ernst nimmt, und es allerdings gilt für jegliche Kritik von Kunstwerken
und ihrer Darbietung, eine eigene Form, kein bloßes Mittel,2
klärte aber mit diesen Feststellungen die grundsätzliche standortbe-
stimmende Frage nicht, sondern führte eher zu weiterer Verwirrung. Nicht
zufällig dementierte schon Gerd Schönfelder die rein formelle Betrach-
tungsweise der Musikkritik, und stellte fest, dass

überhaupt besteht unter Musikkritikern nur wenig Klarheit drüber, wie
ihre Berufsausübung letztlich geartet ist [...]. Die Anhäufung musikwis-
senschaftlicher Disziplinen unter der Rubrik Musikkritik verheißt da
auch keinen Ausweg.3
Die manche Forscher asserieren die Doppelnatur von Musikkritik, die
Horst Seeger zufolge

umfasst in ihrer Form den gesamten Bereich publizistischer Äußerun-
gen über Musik (publizistisch – das heißt hier: über den musikwissen-
schaftlichen oder musiktheoretischen Fachkreis hinausgehend an das
Publikum der Musik gewandt), sei er gedruckter, gesprochener, filmi-
scher oder sonstiger Art. Inhaltlich stellt sich Musikkritik die Aufga-
be, die Beziehungen zwischen dem Musik Schaffenden und dem Mu-
sik Aufnehmenden herzustellen und unter kulturpolitischem Aspekt
regelnd zu entwickeln.4
2 Theodor Wiesengrund Adorno, „Reflexionen über Musikkritik“, in Symposion für
Musikkritik, Studien zur Wertungsforschung, Hrsg. Harald Kaufmann (Graz: Styria,
1968), 7f.
3 Gerd Schönfelder, Zu Theorie und Praxis der Musikkritik (Berlin: Verlag Neue Mu-
sik, 1982), 59f.
4 Horst Seeger, Hrsg., Der kritische Musikus: Musikkritiken aus drei Jahrhunderten
(Leipzig: Reclam, 1966), 7.

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