Page 201 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2024. Glasbena kritika – nekoč in danes ▪︎ Music Criticism – Yesterday and Today. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 7
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musikjournalismus vs. musikkritik heute: überleben oder fortstreben?
oder in Feuilleton-Redaktionen größerer Tages- und Wochenzeitungen
festangestellt; als freie Mitarbeiter arbeiteten sie für alle Medientypen.
[...]
Kulturjournalistische Generalisten, die über breitere kulturelle Interes-
sen und Kompetenzen verfügen, sind oft als festangestellte Redakteure
die den Rundfunkanstalten sowie in kleineren Feuilleton-Redaktionen
der Tageszeitungen tätig.
[...]
Journalistische Generalisten, die über Kulturthemen berichten, ohne
jedoch spezifische Kultur-Kompetenzen zu besitzen, findet man vor al-
lem in den Lokalredaktionen kleiner und mittlerer Tageszeitungen so-
wie bei den privaten Lokalradios.12
In allgemeinen erscheinen aber alle erwähnten Typologieversuche
nicht allumfassend. In Fortsetzung den oben angeführten Klassifikationen,
sowie aus eigener langjährigen so theoretischen, wie auch praktischen Er-
fahrung scheint es zweckmäßig eine eigene Typologie einzuführen.
Typ 1. „Hanslick“. Dieser Typ ist nach einflussreichstem Musikkriti-
ker des 19. Jhr. genannt, Eduard Hanslick (1825–1904), der auch als Autor ei-
nes der ersten musikästhetischen Schriften „Vom Musikalisch-Schönen. Ein
Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst“ (1854) und heftigste Antago-
nist Richard Wagners bekannt war. Die Forscher späteren Zeiten behaup-
ten, Hanslick, der seit 1864 für Neue Freie Presse in Wien tätig war, könnte
man sogar als Vater des Musikjournalismus nennen, hätte er nicht die Ein-
seitigkeit zu Wagner und Brahms gezeigt haben und nicht so viel Subjek-
tives in der Musikkritik beigetragen zu haben. Nicht zufällig spricht auch
Lutz Lesle in seine Studie „Der Musikkritiker: Gutachter oder Animateur“
von ganzer Generation der Musikkritiker, die von „Hanslick-Syndrom“ be-
troffen sind13 und Gunter Reus zu Recht behauptet, „für die Fachwelt gewiss
wünschenswert, muss man ihn [Hanslicks Beitrag in Musikjournalismus]
feuilletonhistorisch als Schritt zurück werten“ mit seinem „Schwanken zwi-
schen Metapher und Terminus“.14
12 Dieter Heß, Hrsg., Kulturjournalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis
(München-Leipzig: List, 1992), 22.
13 Lutz Lesle, Der Musikkritiker - Gutachter oder Animateur?: Aspekte einer publikums-
pädagogischen Handlungstheorie der Musikpublizistik (Hamburg: Verlag der Musi-
kalienhandlung Karl D. Wagner, 1984), 45.
14 Reus, Musikjournalismus, 321f.
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oder in Feuilleton-Redaktionen größerer Tages- und Wochenzeitungen
festangestellt; als freie Mitarbeiter arbeiteten sie für alle Medientypen.
[...]
Kulturjournalistische Generalisten, die über breitere kulturelle Interes-
sen und Kompetenzen verfügen, sind oft als festangestellte Redakteure
die den Rundfunkanstalten sowie in kleineren Feuilleton-Redaktionen
der Tageszeitungen tätig.
[...]
Journalistische Generalisten, die über Kulturthemen berichten, ohne
jedoch spezifische Kultur-Kompetenzen zu besitzen, findet man vor al-
lem in den Lokalredaktionen kleiner und mittlerer Tageszeitungen so-
wie bei den privaten Lokalradios.12
In allgemeinen erscheinen aber alle erwähnten Typologieversuche
nicht allumfassend. In Fortsetzung den oben angeführten Klassifikationen,
sowie aus eigener langjährigen so theoretischen, wie auch praktischen Er-
fahrung scheint es zweckmäßig eine eigene Typologie einzuführen.
Typ 1. „Hanslick“. Dieser Typ ist nach einflussreichstem Musikkriti-
ker des 19. Jhr. genannt, Eduard Hanslick (1825–1904), der auch als Autor ei-
nes der ersten musikästhetischen Schriften „Vom Musikalisch-Schönen. Ein
Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst“ (1854) und heftigste Antago-
nist Richard Wagners bekannt war. Die Forscher späteren Zeiten behaup-
ten, Hanslick, der seit 1864 für Neue Freie Presse in Wien tätig war, könnte
man sogar als Vater des Musikjournalismus nennen, hätte er nicht die Ein-
seitigkeit zu Wagner und Brahms gezeigt haben und nicht so viel Subjek-
tives in der Musikkritik beigetragen zu haben. Nicht zufällig spricht auch
Lutz Lesle in seine Studie „Der Musikkritiker: Gutachter oder Animateur“
von ganzer Generation der Musikkritiker, die von „Hanslick-Syndrom“ be-
troffen sind13 und Gunter Reus zu Recht behauptet, „für die Fachwelt gewiss
wünschenswert, muss man ihn [Hanslicks Beitrag in Musikjournalismus]
feuilletonhistorisch als Schritt zurück werten“ mit seinem „Schwanken zwi-
schen Metapher und Terminus“.14
12 Dieter Heß, Hrsg., Kulturjournalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis
(München-Leipzig: List, 1992), 22.
13 Lutz Lesle, Der Musikkritiker - Gutachter oder Animateur?: Aspekte einer publikums-
pädagogischen Handlungstheorie der Musikpublizistik (Hamburg: Verlag der Musi-
kalienhandlung Karl D. Wagner, 1984), 45.
14 Reus, Musikjournalismus, 321f.
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