Page 64 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2024. Glasbena kritika – nekoč in danes ▪︎ Music Criticism – Yesterday and Today. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 7
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glasbena kritika – nekoč in danes | music criticism – yesterday and today

nügend verhüllt zu haben? [...] möchte ich Herrn Reichmann nahele-
gen, daß seine unerwünschten Textveränderungen nicht immer auf den
Beifall des vergewaltigten Dichters zählen dürften. [...] Daß Herr Reich-
mann den Anforderungen für den Vortrag der Ballade nicht genügt, ha-
ben wir an dieser Stelle schon zum öftern vermerkt. Wiederum sang er
die Ballade ,Heinrich der Vogler‘ und wiederum mit derselben Gleich-
gültigkeit gegen den bald epischen bald dramatischen Ton des Gedich-
tes. Ob der Erzähler oder der Held spricht, gilt ihm all’ eins.30
Am 10. April31 folgte ein Verriß der Oper Harold von Karl Pfeffer so-
wie seines „von Unsinn und Abgeschmacktheit starrenden Textbuches“, die
Rezension vom 17. April32 galt u. a. dem letzten Kammermusikabend des
„Quartett Rosé“ in der Saison 1886/87. Und Wolf sparte nicht mit Kritik an
dieser ansonsten mit „wahrhaft künstlerischen Productionen“ hervortreten-
den „vortrefflichen Gesellschaft“:

Was diesmal geboten wurde, war allerdings nicht nach unserem Ge-
schmacke, aber die Art, wie Herr Rosé die am Programm angeführ-
ten musikalischen Schlaf= und Vergessenheitstränke credenzte, wie er
besorgt war, seine andächtigen Zuhörer in sanfte Träume zu lullen, ist
bewunderungswürdig, wenn auch nicht nachahmenswert. Pfeffer, Ru-
binstein und Brahms! Na, das ist schon keine geringe Dosis Schlafpul-
ver mehr für schwache Nerven. So ein Programm riecht ja schon nach
Meuchelmord und sollte eigentlich von der Polizei aus verboten sein.
Aber wenn ich recht bedenke, daß es ganz in dem Belieben des Herrn
Rosé lag, dieses hübsche Trifolium um einen Brüll oder Dworak zu ver-
mehren, so muß ich über das weise Maßhalten unseres wackern Con-
certmeisters wiederum erstaunen und mich zugleich freuen, daß sich
solchergestalt noch die unverhoffte Gelegenheit findet, anstatt zu ta-
deln, mit den herzlichsten Wünschen für das Gedeihen des Quartetts
Rosé zu schließen.33
Der letzte Beitrag Wolfs erschien eine Woche später und galt der Auf-
führung von Wagners Lohengrin;34 und aus ihm sollen zwei typische Aus-
lassungen unseres Rezensenten zitiert werden, die sich im letzten Absatz
der Kritik befinden:
30 Ibid.
31 Hugo Wolf, „Oper und Concerte“, Wiener Salonblatt XVIII, Nr. 15 (10. April 1887):
10f.
32 Hugo Wolf, „Concerte“, Wiener Salonblatt XVIII, Nr. 16 (17. April 1887): 11f.
33 Ibid., 12.
34 Hugo Wolf, „Hofoper“, Wiener Salonblatt XVIII, Nr. 17 (24. April 1887): 13f.

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