Page 202 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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musica et artes
sitzt ständig und begleitet den Schüler selbst auf der Violine (spielt eine improvisierte
zweite Stimme). Wie kann er das Spiel des Schülers hören und es korrigieren, wenn
er gleichzeitig selber spielt? Ergebnisse trotzdem recht gut.24
Mit dem Kommen des »hervorragenden Künstlers« Maurits Frank, der
u.a. Mitglied des Amar-Quartetts war, stieg auch das Niveau der Violoncello-
klasse, ähnlich erging es später der Klavierklasse dank dem langfristigen und
qualitativ im steten Aufstieg begriffenen Wirken von Franz Langer. Der se-
riöse Branberger vergisst nicht, selbst jene Positiva zu betonen, die am tsche-
chischen Konservatorium keinerlei Entsprechung finden – so beispielsweise
die der Kompositionsabteilung angeschlossene Kapellmeisterschule oder die
sogenannte Übungsschule bei der musikpädagogischen Abteilung, die von
Kindern, welche an »praktischen pädagogischen Versuchen« (in den Fächern
Klavier und Violine) partizipieren, besucht wird, er lobt auch die Idee der
Gründung einer selbstständigen Tanzabteilung, die er jedoch an die eventu-
elle Errichtung einer ähnlichen Abteilung auch am staatlichen tschechischen
Konservatorium zu knüpfen empfiehlt.25 In anderen Fällen spart Branberger
keineswegs mit Kritik, ganz gleich, ob sie sich nun auf die Pädagogen oder die
Studenten, auf deren künstlerische Leistungen oder auf die Qualitäten der
Studentenschaft als solcher bezieht. Für die zwanziger Jahre gilt nun im all-
gemeineren Maßstab das folgende von ihm formulierte Urteil:
Überhaupt ist die Schülerschaft der deutschen Akademie verschiedenartiges Mate-
rial, es sind zum einen jene deutschen Musikliebhaber Prags, die anstelle eines pri-
vaten Studiums die Akademie besuchen, zum anderen ist es eine geringere Zahl
von Burschen und Mädchen aus Böhmens deutschen Gebieten, die in der Regel
vorher ihre alten Landmusikschulen in Bečov [Petschau] oder Přísečnice [Pres-
snitz] absolviert hatten und nach Prag an die Akademie gehen, um sich zu vervoll-
kommnen. Dies ist noch das beste Schülermaterial. Das schlechteste Material sind
jene Schüler, die entweder als (wegen Mangel an Lernerfolg oder Nachlässigkeit)
vom staatlichem Konservatorium ausgeschlossene Hörer oder als ehemalige Kan-
didaten, welche die Aufnahmeprüfung am selbigen Institut nicht bestanden haben
und nun um jeden Preis Musik studieren wollen, bei der Akademie aufgenommen
wurden. Unter diesen Schülern gibt es viele Südslawen, insbesondere sind es jedoch
tschechische Schüler aus Böhmens Minderheitsgebieten. An die deutsche Akade-
mie melden sich nur wenige Hörer aus den deutschen Gebieten Mährens, Schlesi-
ens und der Slowakei. In diesen Ländern hat die Schule noch keinen guten Ruf, au-
ßerdem bemüht sich die deutsche Musikschule des Musikvereins in Brünn, die sich
24 Schrift Nr. 36580/23.
25 Schrift Nr. 61564/31.
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sitzt ständig und begleitet den Schüler selbst auf der Violine (spielt eine improvisierte
zweite Stimme). Wie kann er das Spiel des Schülers hören und es korrigieren, wenn
er gleichzeitig selber spielt? Ergebnisse trotzdem recht gut.24
Mit dem Kommen des »hervorragenden Künstlers« Maurits Frank, der
u.a. Mitglied des Amar-Quartetts war, stieg auch das Niveau der Violoncello-
klasse, ähnlich erging es später der Klavierklasse dank dem langfristigen und
qualitativ im steten Aufstieg begriffenen Wirken von Franz Langer. Der se-
riöse Branberger vergisst nicht, selbst jene Positiva zu betonen, die am tsche-
chischen Konservatorium keinerlei Entsprechung finden – so beispielsweise
die der Kompositionsabteilung angeschlossene Kapellmeisterschule oder die
sogenannte Übungsschule bei der musikpädagogischen Abteilung, die von
Kindern, welche an »praktischen pädagogischen Versuchen« (in den Fächern
Klavier und Violine) partizipieren, besucht wird, er lobt auch die Idee der
Gründung einer selbstständigen Tanzabteilung, die er jedoch an die eventu-
elle Errichtung einer ähnlichen Abteilung auch am staatlichen tschechischen
Konservatorium zu knüpfen empfiehlt.25 In anderen Fällen spart Branberger
keineswegs mit Kritik, ganz gleich, ob sie sich nun auf die Pädagogen oder die
Studenten, auf deren künstlerische Leistungen oder auf die Qualitäten der
Studentenschaft als solcher bezieht. Für die zwanziger Jahre gilt nun im all-
gemeineren Maßstab das folgende von ihm formulierte Urteil:
Überhaupt ist die Schülerschaft der deutschen Akademie verschiedenartiges Mate-
rial, es sind zum einen jene deutschen Musikliebhaber Prags, die anstelle eines pri-
vaten Studiums die Akademie besuchen, zum anderen ist es eine geringere Zahl
von Burschen und Mädchen aus Böhmens deutschen Gebieten, die in der Regel
vorher ihre alten Landmusikschulen in Bečov [Petschau] oder Přísečnice [Pres-
snitz] absolviert hatten und nach Prag an die Akademie gehen, um sich zu vervoll-
kommnen. Dies ist noch das beste Schülermaterial. Das schlechteste Material sind
jene Schüler, die entweder als (wegen Mangel an Lernerfolg oder Nachlässigkeit)
vom staatlichem Konservatorium ausgeschlossene Hörer oder als ehemalige Kan-
didaten, welche die Aufnahmeprüfung am selbigen Institut nicht bestanden haben
und nun um jeden Preis Musik studieren wollen, bei der Akademie aufgenommen
wurden. Unter diesen Schülern gibt es viele Südslawen, insbesondere sind es jedoch
tschechische Schüler aus Böhmens Minderheitsgebieten. An die deutsche Akade-
mie melden sich nur wenige Hörer aus den deutschen Gebieten Mährens, Schlesi-
ens und der Slowakei. In diesen Ländern hat die Schule noch keinen guten Ruf, au-
ßerdem bemüht sich die deutsche Musikschule des Musikvereins in Brünn, die sich
24 Schrift Nr. 36580/23.
25 Schrift Nr. 61564/31.
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