Page 199 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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leben und leiden der deutschen akademie für musik ...
tete außerdem, dass die ihrer Autonomie beraubte Schule unmittelbar der
Reichsmacht unterstand, so dass alle wichtigen Entscheidungen von außen,
das heißt von den Berliner Behörden, getroffen wurden. Wie Undine Wag-
ner, die sich nach Torsten Fuchs ebenfalls mit diesen Fragen befasste, fest-
stellt, dokumentieren die Akten aus der Reichskanzlei gerade jene in den Per-
sonalfragen herrschende Willkür.13
Kehren wir nochmal zu dem Unterrichtssystem und den Pädagogen der
Deutschen Musikakademie zurück, denn sie waren – oder sollten zumindest
sein – die Garantie für die künstlerischen Qualitäten der Schule. Der Unter-
richt an der Akademie verlief unter ständiger Aufsicht des Ministeriums für
Schulwesen und Volksbildung und die Professoren des tschechischen Staat-
lichen Konservatoriums für Musik, sowie weitere externe Fachleute wurden
um Gutachten zu den Lehrplänen der Deutschen Akademie ersucht. Unter
sorgfältigster behördlicher Überwachung stand auch die gesamte konzeptio-
nelle und administrative Leitung der Schule. Eine wertvolle Informations-
quelle, von der wir ausgehen und die künftighin gründlich zu untersuchen
wäre, sind – wie bereits erwähnt – jene Inspektionsberichte von Jan Branber-
ger (1877–1952), welche er dem Schulministerium erstattete. Branberger ken-
nen wir heute vornehmlich als den Verfasser einer dicken Schrift über die Ge-
schichte des Prager Konservatoriums aus dem Jahre 1911,14 der umfangreiche
Verzeichnisse der Absolventen beigefügt sind. Bereits in den Jahren 1906–
1918 war er Professor für Musikgeschichte und Sekretär des Prager Konser-
vatoriums, in der Zwischenkriegszeit war er dort administrativer Verwalter,
beziehungsweise Exekutivdirektor (1924–1938), unterrichtete aber auch Mu-
sikgeschichte für die mittlere Stufe und später dann (ab 1928) auch Ästhe-
tik an der Meisterschule. Außerdem wurde er jedoch unmittelbar nach dem
Umsturz zum Vorstand der Musikabteilung im Schul- und Volksbildungs-
ministerium (1919–1928) und übte gleichzeitig auch die Fachberaterfunktion
für ebendieses Ministerium aus (bis 1933).15 Gerade von seinen Inspektionsbe-
13 Undine Wagner, »Fidelio F. Finke und sein Wirken in Prag«, in Zwischen Brücken und Gräben.
Tschechisch-deutsche Musikbeziehungen in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit, hg. von Jitka Baj-
garová und Andreas Wehrmeyer (Etnologický ústav AV ČR, v.v.i. – Sudetendeutsches Musikin-
stitut Regensburg: Praha, 2014), 187–204.
14 Konservatoř hudby v Praze (Praha, 1911); Das Konservatorium für Musik in Prag, Übertragung ins
Deutsche von Emil Bezecný (Prag, 1911).
15 Jan Branberger partizipierte aktiv an zahlreichen anderen Aktivitäten sowohl in organisatorischer
Hinsicht (Mitbegründer und erster Vorsitzender der Mozartgemeinde in Böhmen, einer der Or-
ganisatoren internationaler Festivals zeitgenössischer Musik u. dgl.), als auch beispielsweise im
Musikjournalismus (Gründer der Revue Smetana) usw. Vgl. Bohumír Štědroň, »Jan Branberger«,
in Československý hudební slovník osob a institucí 1 (Praha, 1963), 127–188, auf www.ceskyhudebnislov-
nik.cz (Autorin Kateřina Hnátová).
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tete außerdem, dass die ihrer Autonomie beraubte Schule unmittelbar der
Reichsmacht unterstand, so dass alle wichtigen Entscheidungen von außen,
das heißt von den Berliner Behörden, getroffen wurden. Wie Undine Wag-
ner, die sich nach Torsten Fuchs ebenfalls mit diesen Fragen befasste, fest-
stellt, dokumentieren die Akten aus der Reichskanzlei gerade jene in den Per-
sonalfragen herrschende Willkür.13
Kehren wir nochmal zu dem Unterrichtssystem und den Pädagogen der
Deutschen Musikakademie zurück, denn sie waren – oder sollten zumindest
sein – die Garantie für die künstlerischen Qualitäten der Schule. Der Unter-
richt an der Akademie verlief unter ständiger Aufsicht des Ministeriums für
Schulwesen und Volksbildung und die Professoren des tschechischen Staat-
lichen Konservatoriums für Musik, sowie weitere externe Fachleute wurden
um Gutachten zu den Lehrplänen der Deutschen Akademie ersucht. Unter
sorgfältigster behördlicher Überwachung stand auch die gesamte konzeptio-
nelle und administrative Leitung der Schule. Eine wertvolle Informations-
quelle, von der wir ausgehen und die künftighin gründlich zu untersuchen
wäre, sind – wie bereits erwähnt – jene Inspektionsberichte von Jan Branber-
ger (1877–1952), welche er dem Schulministerium erstattete. Branberger ken-
nen wir heute vornehmlich als den Verfasser einer dicken Schrift über die Ge-
schichte des Prager Konservatoriums aus dem Jahre 1911,14 der umfangreiche
Verzeichnisse der Absolventen beigefügt sind. Bereits in den Jahren 1906–
1918 war er Professor für Musikgeschichte und Sekretär des Prager Konser-
vatoriums, in der Zwischenkriegszeit war er dort administrativer Verwalter,
beziehungsweise Exekutivdirektor (1924–1938), unterrichtete aber auch Mu-
sikgeschichte für die mittlere Stufe und später dann (ab 1928) auch Ästhe-
tik an der Meisterschule. Außerdem wurde er jedoch unmittelbar nach dem
Umsturz zum Vorstand der Musikabteilung im Schul- und Volksbildungs-
ministerium (1919–1928) und übte gleichzeitig auch die Fachberaterfunktion
für ebendieses Ministerium aus (bis 1933).15 Gerade von seinen Inspektionsbe-
13 Undine Wagner, »Fidelio F. Finke und sein Wirken in Prag«, in Zwischen Brücken und Gräben.
Tschechisch-deutsche Musikbeziehungen in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit, hg. von Jitka Baj-
garová und Andreas Wehrmeyer (Etnologický ústav AV ČR, v.v.i. – Sudetendeutsches Musikin-
stitut Regensburg: Praha, 2014), 187–204.
14 Konservatoř hudby v Praze (Praha, 1911); Das Konservatorium für Musik in Prag, Übertragung ins
Deutsche von Emil Bezecný (Prag, 1911).
15 Jan Branberger partizipierte aktiv an zahlreichen anderen Aktivitäten sowohl in organisatorischer
Hinsicht (Mitbegründer und erster Vorsitzender der Mozartgemeinde in Böhmen, einer der Or-
ganisatoren internationaler Festivals zeitgenössischer Musik u. dgl.), als auch beispielsweise im
Musikjournalismus (Gründer der Revue Smetana) usw. Vgl. Bohumír Štědroň, »Jan Branberger«,
in Československý hudební slovník osob a institucí 1 (Praha, 1963), 127–188, auf www.ceskyhudebnislov-
nik.cz (Autorin Kateřina Hnátová).
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