Page 197 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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leben und leiden der deutschen akademie für musik ...
nische und französische romantische und vorromantische Musiktradition,
allerdings finden wir auch etliche Beispiele aus dem russischen Musikschaf-
fen des 19. Jahrhunderts, sowie aus der neueren tschechischen und französi-
schen Musik (Vítězslav Novák, Josef Suk, Claude Debussy, Darius Milhaud)
und der deutschen und österreichischen Gegenwartsmusik (Arnold Schön-
berg, Paul Hindemith, Fidelio F. Finke). Es kommen auch ähnliche themati-
sche Abende vor (z.B. italienische Barockmusik oder die Polyphonie der Re-
naissance), wie am tschechischen Staatlichen Konservatorium, wo sie zu jener
Zeit einen großen Boom erlebten. Zu den Konzertprogrammen der Akade-
mie vermerkt Jan Branberger, dass deren großer Mangel im Nichtvorhanden-
sein des Orchesters besteht, es ließen sich daher nur Solo- oder Kammerver-
anstaltungen organisieren.
Im Jahre 1930 begann die ökonomische Situation der Akademie kritisch
zu werden, 300.000 Kronen der damaligen staatlichen Unterstützung zeig-
ten sich als gänzlich ungenügend und der Rektor Fidelio F. Finke wandte sich
im Mai desselben Jahres in einem Memorandum an das Schul- und Volksbil-
dungsministerium mit der Aufforderung, die Finanzierung der Schule möge
die nationale Bevölkerungszusammensetzung im Staat respektieren. Die be-
treffende Summe machte seiner Überzeugung nach nur 1/16 dessen aus, was
der Staat im besagten Jahr für die staatlichen Konservatorien in Prag, Brünn
und Bratislava/Pressburg ausgegeben hatte. »Sollte die Subvention dem Be-
völkerungsschlüssel entsprechen, so müsste sie an die zwei Millionen betragen,«9
resümiert Finke. Das Problem lag offenbar darin, dass sich die Dotationspo-
litik nicht immer nach dem Bevölkerungsschlüssel richtete, und so stand die
deutsche Musikakademie 1936 vor der Auflösung. Etliches über die gesell-
schaftliche und nationale Situation jener Zeit sagt die Liste der Mitglieder
und Spender des Gründungsvereins aus. Im Jahre 1930 beläuft sich beispiels-
weise die Anzahl diverser Förderer an die tausend! Vertreten sind Banken
und Sparkassen, Fabriken und Brauereien, Bezirks-, Stadt- und Gemeinde-
ämter verschiedenster Ortschaften (vornehmlich in den Sudeten), Handels-
und Gewerbekammern, Klöster sowie Freimaurerlogen, gesamtstaatliche
deutsche Organisationen wie Bund der Deutschen in Böhmen oder Deutsche
Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in Prag, hunderte von Musik-
vereinen und anderen Vereinigungen und ebenfalls hunderte von Einzelper-
sonen, angefangen bei Anwälten, Industriellen oder Universitätsprofessoren
über Ärzte und Apotheker bis hin zu Musiklehrern und Kapellmeistern so-
wie Gattinnen der Vertreter all dieser Berufsgruppen, beziehungsweise deren
9 Fuchs, op. cit., 68.
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nische und französische romantische und vorromantische Musiktradition,
allerdings finden wir auch etliche Beispiele aus dem russischen Musikschaf-
fen des 19. Jahrhunderts, sowie aus der neueren tschechischen und französi-
schen Musik (Vítězslav Novák, Josef Suk, Claude Debussy, Darius Milhaud)
und der deutschen und österreichischen Gegenwartsmusik (Arnold Schön-
berg, Paul Hindemith, Fidelio F. Finke). Es kommen auch ähnliche themati-
sche Abende vor (z.B. italienische Barockmusik oder die Polyphonie der Re-
naissance), wie am tschechischen Staatlichen Konservatorium, wo sie zu jener
Zeit einen großen Boom erlebten. Zu den Konzertprogrammen der Akade-
mie vermerkt Jan Branberger, dass deren großer Mangel im Nichtvorhanden-
sein des Orchesters besteht, es ließen sich daher nur Solo- oder Kammerver-
anstaltungen organisieren.
Im Jahre 1930 begann die ökonomische Situation der Akademie kritisch
zu werden, 300.000 Kronen der damaligen staatlichen Unterstützung zeig-
ten sich als gänzlich ungenügend und der Rektor Fidelio F. Finke wandte sich
im Mai desselben Jahres in einem Memorandum an das Schul- und Volksbil-
dungsministerium mit der Aufforderung, die Finanzierung der Schule möge
die nationale Bevölkerungszusammensetzung im Staat respektieren. Die be-
treffende Summe machte seiner Überzeugung nach nur 1/16 dessen aus, was
der Staat im besagten Jahr für die staatlichen Konservatorien in Prag, Brünn
und Bratislava/Pressburg ausgegeben hatte. »Sollte die Subvention dem Be-
völkerungsschlüssel entsprechen, so müsste sie an die zwei Millionen betragen,«9
resümiert Finke. Das Problem lag offenbar darin, dass sich die Dotationspo-
litik nicht immer nach dem Bevölkerungsschlüssel richtete, und so stand die
deutsche Musikakademie 1936 vor der Auflösung. Etliches über die gesell-
schaftliche und nationale Situation jener Zeit sagt die Liste der Mitglieder
und Spender des Gründungsvereins aus. Im Jahre 1930 beläuft sich beispiels-
weise die Anzahl diverser Förderer an die tausend! Vertreten sind Banken
und Sparkassen, Fabriken und Brauereien, Bezirks-, Stadt- und Gemeinde-
ämter verschiedenster Ortschaften (vornehmlich in den Sudeten), Handels-
und Gewerbekammern, Klöster sowie Freimaurerlogen, gesamtstaatliche
deutsche Organisationen wie Bund der Deutschen in Böhmen oder Deutsche
Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in Prag, hunderte von Musik-
vereinen und anderen Vereinigungen und ebenfalls hunderte von Einzelper-
sonen, angefangen bei Anwälten, Industriellen oder Universitätsprofessoren
über Ärzte und Apotheker bis hin zu Musiklehrern und Kapellmeistern so-
wie Gattinnen der Vertreter all dieser Berufsgruppen, beziehungsweise deren
9 Fuchs, op. cit., 68.
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