Page 245 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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adler, hanak und das projekt eines mahler-denkmals

Reilly weist (Anm. 102) auf „wenige erhaltene Akten des Denkmalkomitees“
hin, deren Einsicht ihm von dessen Sekretär, Carl A. Rosenthal, ermöglicht
wurde.

Zur Rolle Alma Mahlers bei diesem Projekt bemerkt ihr Biograph Oli-
ver Hilmes:

Bereits 1926 hatte sich ein Denkmalkomitee gegründet, das den angesehenen Bil-
dhauer Anton Hanak6 hatte gewinnen können. Die Finanzierung wurde durch
großzügige Spenden aus den USA und England gesichert. Nachdem Anton Ha-
nak im Januar 1934 verstorben war, hatte Alma das Projekt aufgegeben [...]. Als es
nun hieß, dass Fritz Wotruba7 mit der Schaffung des Denkmals beauftragt wor-
den war, wurde sie neugierig. Der 28jährige Bildauer galt nicht nur als ein großes
Nachwuchstalent und machte mit seinen Mahler-Plänen schnell von sich reden,
er war auch ein attraktiver junger Mann und darüber hinaus kurzzeitig Anna
Mahlers8 Lehrer.9

Nach Hilmes intrigierte Alma, von Wotruba abgewiesen, mit Hilfe ihres ver-
trauten Freundes Johannes Hollnsteiner10 1935 beim Wiener Bürgermeister
Richard Schmitz und erreichte so dessen Ablehnung von Wotrubas Projekt.
Dieser verklagte hierauf das Denkmalkomitee auf Lohnerstattung in Höhe
von 17 500 Schilling, die Klage wurde 1937 gerichtlich abgewiesen; Wotru-
ba erhielt vom Komitee (als Abschlagszahlung?) 2 500 Schilling. Diese – auf

6 Wie Anm. 3, mit zahlreichen Abbildungen seiner diesbezüglichen Skizzen und Modellentwürfe.
7 Zu diesem s. Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, Bd. 5 (Wien: Kremayr & Scheriau, 1997).
8 Anna Mahler (1904–1988) war die Tochter von Gustav und Alma Mahler. Oliver Hilmes, Witwe

im Wahn, Das Leben der Alma Mahler-Werfel (München: Btb Verlag, 2005) (wie Anm. 9, s. Reg.).
9 Hilmes, op. cit., 279ff.
10 Zu diesem s. Friedrich Buchmayr, Der Priester in Almas Salon. Johann Hollnsteiners Weg von der Elite

des Ständestaates zum NS-Bibliothekar (Weitra: Bibliothek der Provinz, 2002) und Hilmes, op. cit (s.
Reg). Johannes Hollnsteiner (1895 – 1971) trat 1914 in das oberösterreichische Augustiner-Chor-
herrenstift St. Florian ein, wurde 1919 zum Priester geweiht, promovierte 1920 an der Universität
Wien zum Doktor der Theologie und 1922 an der Universität Freiburg im Breisgau zum Doktor
der Philosophie und habilitierte sich 1925 für Kirchengeschichte an der Universität Wien; 1934
an dieser Universitätsprofessor für Kirchenrecht. Als „Chefideologe“ des autoritären österreichi-
schen Ständestaates, beeinf lusste er den Justizminister (1932), 1933 auch Unterrichtsminister und
ab 1934 Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg nicht nur als dessen Beichtvater, sondern auch mit
seiner Ideologie, in der er die Idee von Österreichs deutscher Sendung und als den besseren de-
utschen Staat vertrat. Als Dekan der Theologischen Fakultät nach dem „Anschluss“ Österreichs
an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938 aller seiner Ämter enthoben, wurde er 1941 von
der Gestapo dennoch zum kommissarischen Leiter der Kunstsammlungen des inzwischen auf-
gehobenen Stiftes St. Florian eingesetzt (1942 dessen Bibliothekar). 1941 trat er aus dem Orden
aus und heiratete. 1945 – 1947 wurde er im Entnazifizierungslager Glasenbach interniert und 1948
als Universitätsprofessor pensioniert. – Er lernte Alma 1932 kennen und verkehrte in ihrem Salon;
ein erotisch-sexueller Hintergrund seiner engen Beziehung zu ihr wird angenommen.

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