Page 55 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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„Voyage de Paris“.
Christian IV. von Zweibrücken
zwischen Akkulturation und Kulturtransfer
Berthold Over
Univerza v Mainzu
University of Mainz
Christian IV. von Zweibrücken gehört zu einer Gruppe von kleineren Re-
genten, die durch ihre musikalischen Ambitionen auffielen, aber aufgrund
ihrer geringeren finanziellen Möglichkeiten keine enorme Strahlkraft wie
z.B. die Höfe in Mannheim oder Dresden entwickeln konnten. Das Herzog-
tum Zweibrücken verfügte über ein weit verstreutes Territorium, das bis ins
Elsaß reichte,1 und wies um 1750 eine Bevölkerung von nur ca. 50.000, um
1780 von ca. 80.000 Untertanen auf.2 Trotz dieser beschränkten Möglich-
keiten entfaltete Christian IV. einen recht prächtigen Hof, der sich stark an
Frankreich orientierte und von Frankreich subventioniert wurde. Als In-
timus von Ludwig XV. und seiner Mätresse, der Marquise de Pompadour,
hatte er unmittelbaren Zugang zum französischen Königshof (er verfügte
sogar über ein eigenes Appartement in Versailles, obwohl er sich nur gele-
gentlich dort aufhielt) und suchte das gute Verhältnis durch jährliche Auf-
enthalte in Paris aufrechtzuerhalten.
Dabei war Christian alles andere als ein Fürst, dem Konventionen
und Standesdünkel am Herzen lagen. Sein leutseliger und zwangloser Um-
1 Marie Drut-Hours, „Die Linie Birkenfeld-Bischweiler-Rappoltstein und ihre elsäs-
sischen Besitzungen“, in Die Wiege der Könige. 600 Jahre Herzogtum Pfalz-Zweibrü-
cken. Landesausstellung im Stadtmuseum Zweibrücken 29. August–14. November
2010, hrsg. von Charlotte Glück-Christmann (Zweibrücken: Zweibrücken, 2010), S.
175–178.
2 Joachim P. Heinz, „Bevölkerung und Statistik im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken in
der Frühen Neuzeit“, in Die Wiege der Könige (Zweibrücken: Stadt Zweibrücken,
2010), S. 132–141.
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Christian IV. von Zweibrücken
zwischen Akkulturation und Kulturtransfer
Berthold Over
Univerza v Mainzu
University of Mainz
Christian IV. von Zweibrücken gehört zu einer Gruppe von kleineren Re-
genten, die durch ihre musikalischen Ambitionen auffielen, aber aufgrund
ihrer geringeren finanziellen Möglichkeiten keine enorme Strahlkraft wie
z.B. die Höfe in Mannheim oder Dresden entwickeln konnten. Das Herzog-
tum Zweibrücken verfügte über ein weit verstreutes Territorium, das bis ins
Elsaß reichte,1 und wies um 1750 eine Bevölkerung von nur ca. 50.000, um
1780 von ca. 80.000 Untertanen auf.2 Trotz dieser beschränkten Möglich-
keiten entfaltete Christian IV. einen recht prächtigen Hof, der sich stark an
Frankreich orientierte und von Frankreich subventioniert wurde. Als In-
timus von Ludwig XV. und seiner Mätresse, der Marquise de Pompadour,
hatte er unmittelbaren Zugang zum französischen Königshof (er verfügte
sogar über ein eigenes Appartement in Versailles, obwohl er sich nur gele-
gentlich dort aufhielt) und suchte das gute Verhältnis durch jährliche Auf-
enthalte in Paris aufrechtzuerhalten.
Dabei war Christian alles andere als ein Fürst, dem Konventionen
und Standesdünkel am Herzen lagen. Sein leutseliger und zwangloser Um-
1 Marie Drut-Hours, „Die Linie Birkenfeld-Bischweiler-Rappoltstein und ihre elsäs-
sischen Besitzungen“, in Die Wiege der Könige. 600 Jahre Herzogtum Pfalz-Zweibrü-
cken. Landesausstellung im Stadtmuseum Zweibrücken 29. August–14. November
2010, hrsg. von Charlotte Glück-Christmann (Zweibrücken: Zweibrücken, 2010), S.
175–178.
2 Joachim P. Heinz, „Bevölkerung und Statistik im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken in
der Frühen Neuzeit“, in Die Wiege der Könige (Zweibrücken: Stadt Zweibrücken,
2010), S. 132–141.
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