Page 146 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

loseste, zugleich aber auch faszinierendste Gattung, die die Musik-
geschichte hervorgebracht hat“.1

Diese Aussage mag kontrovers erscheinen (ich meine hier vor allen
aufgrund der vorwiegend sozialen Erklärung ihrer Entstehung und ihres
langfristigen Daseins, statt der rein ästhetischen Einstellung zum Objekt),
aber gleichzeitig ist eine solche Erklärung umso bemerkenswerter, weil die
Oper von Anfang an bis heute als eine Kette endloser Paradoxe funktio-
niert und sich dualistisch entwickelt.

Im Urteil der Fachwelt entstand die Oper aus einem noblen Renaissan-
cestreben, das Drama mit Musik nach dem antiken Vorbild als Höhepunkt
der humanistischen und philosophischen Reflexionen der aristokratischen
Akademien zu rekonstruieren. In der Übereinstimmung mit dem Geist je-
der Epoche wurden die höchsten sozialen und ästhetischen Ideale beibe-
halten, im 19. Jahrhundert erreichte sie die höchste Ebene einer Determi-
nante der nationalen Identität vieler europäischer Nationen und wurde um
die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts als toter Atavismus – aufgrund von
Widersprüchen mit dem wissenschaftlichen und technologischen Fort-
schritt –angekündigt.

In der Tat wurde sie aus einer scholastischen, spekulativen und als sol-
che inkorrekten Darstellung eines geschlossenen Kreises von Denkern der
Renaissance über das Theater der alten Griechen geboren.

Eigentlich war es ein Missverständnis, das Ende des 16. Jahrhun-
derts zur Geburtsstunde der Oper führte. Damals gelangten itali-
enische Gelehrte zur – bis heute unbewiesenen – Erkenntnis, dass
die berühmten Schauspiele der Antike ursprünglich gesungen dar-
geboten worden waren. Und weil es im Zeitalter der Renaissance
Usus war, möglichst alles von den alten Griechen zu kopieren, sich
aber keine einzige Note aus ihren vermeintlichen Singspielen erhal-
ten hatte, gab man sich der Utopie hin, die verlorenen Werke aus
dem Nichts heraus rekonstruieren zu können, sprich: sie neu zu
komponieren.2

1 Michael Maul, „Die Geschichte der Barockoper. Galante Inder, Indianer und dazu
noch Ballett“, Deutschlandfunk Kultur, Beitrag von 22.12.2016. Stand 19.03.2018,
http://www.deutschlandfunkkultur.de/die-geschichte-der-barockoper-galante-in-
der-indianer-und.2177.de.html?dram:article_id=374631.

2 Ibid.

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