Page 149 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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oper als markt: opernaufführung als marketing-trick
„Käufer“ angepasst wurde. Unten sind schematische Skizzen der sozialen
Funktionen und dementsprechend der ästhetischen Prioritäten der Oper,
die ihr Musiksystem und den Stil der Ausdrucks wesentlich beeinflussen,
dargestellt.
Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts - die letzte Phase der Renaissan-
ce – der Manierismus - der Beginn des Barocks: parallele Existenz mehrerer
Versionen der Oper: als aristokratische wertvolle „höchste Offenbarung für
den geweihten Kreis“ (die Florentiner Camerata); als religiös-moralisches
Spektakel für die Gläubigen (Teatro Barberini in Rom), als das erste kom-
merzielle Musiktheater (Venedig, das Theater San Cassiano, in welchem
die Operntruppe aus sieben Sängern und einem Orchester aus zwei Cem-
balos, zwei Trompeten und zwölf weiteren Instrumenten bestand. Der Zu-
schauerraum soll 6000 Personen Platz geboten haben6). Oder etwas später
– als erstes Feld des Opernexperiments (Claudio Monteverdi „L`incorona-
zione di Poppea“).
Zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. – die Blütezeit des Barocks: die Ein-
richtung einer breiten sozialen und künstlerischen Institution namens
„Oper“, vor allem aufgrund der neapolitanischen Schule, wo das Opern-
haus zu einem Zentrum des säkularen Lebens, eine „Messe der Eitelkeit“,
ein Club für alle Interessen, ein Ort, wo Bekanntschaften geknüpft, Tref-
fen veranstaltetet, Verträge unterschrieben, Ränke geschmiedet und Ver-
schwörungen angestiftet wurden. Auf der Bühne sind in derselben Zeit
präsent:
Da die barocke Manier ihren Gipfel erreicht habe, verfiel sie in
die Wiederholung. Die wiederkehrenden Konstellationen verdop-
pelter Liebespaare, die hochherzigen Tyrannen, die zierlichen Zere-
monien und hohen Taten, die dialogischen Rezitative und drama-
tischen (und oft überstrapazierten) Arien, die Ensembles, die nie
über das Duett hinauskamen, die Vernachlässigung des Chors, der
restriktive Einsatz des Orchesters – all das hatte zuletzt Ermüdung
erzeugt.7
Das 18. Jahrhundert. – der Klassizismus: das Zentrum der Oppositi-
on unterschiedlichster Ideen, der endlose Kampf der „richtigen“ und „fal-
6 Richard Somerset-Ward, Oper. Ein Streifzug durch 400 Jahre Musiktheater (Mün-
chen: Knesebeck 1999), 284.
7 Jean-Pierre Baricelli, „Die Oper“, in Die Wende von der Aufklärung zur Romantik
1760-1820: Epoche im Überblick, hrsg. von Horst Albert Glaser, György Mihály Vajda
John Benjamins (Amsterdam/Philadelphia, Publishing Company, 2000), 489–490.
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„Käufer“ angepasst wurde. Unten sind schematische Skizzen der sozialen
Funktionen und dementsprechend der ästhetischen Prioritäten der Oper,
die ihr Musiksystem und den Stil der Ausdrucks wesentlich beeinflussen,
dargestellt.
Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts - die letzte Phase der Renaissan-
ce – der Manierismus - der Beginn des Barocks: parallele Existenz mehrerer
Versionen der Oper: als aristokratische wertvolle „höchste Offenbarung für
den geweihten Kreis“ (die Florentiner Camerata); als religiös-moralisches
Spektakel für die Gläubigen (Teatro Barberini in Rom), als das erste kom-
merzielle Musiktheater (Venedig, das Theater San Cassiano, in welchem
die Operntruppe aus sieben Sängern und einem Orchester aus zwei Cem-
balos, zwei Trompeten und zwölf weiteren Instrumenten bestand. Der Zu-
schauerraum soll 6000 Personen Platz geboten haben6). Oder etwas später
– als erstes Feld des Opernexperiments (Claudio Monteverdi „L`incorona-
zione di Poppea“).
Zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. – die Blütezeit des Barocks: die Ein-
richtung einer breiten sozialen und künstlerischen Institution namens
„Oper“, vor allem aufgrund der neapolitanischen Schule, wo das Opern-
haus zu einem Zentrum des säkularen Lebens, eine „Messe der Eitelkeit“,
ein Club für alle Interessen, ein Ort, wo Bekanntschaften geknüpft, Tref-
fen veranstaltetet, Verträge unterschrieben, Ränke geschmiedet und Ver-
schwörungen angestiftet wurden. Auf der Bühne sind in derselben Zeit
präsent:
Da die barocke Manier ihren Gipfel erreicht habe, verfiel sie in
die Wiederholung. Die wiederkehrenden Konstellationen verdop-
pelter Liebespaare, die hochherzigen Tyrannen, die zierlichen Zere-
monien und hohen Taten, die dialogischen Rezitative und drama-
tischen (und oft überstrapazierten) Arien, die Ensembles, die nie
über das Duett hinauskamen, die Vernachlässigung des Chors, der
restriktive Einsatz des Orchesters – all das hatte zuletzt Ermüdung
erzeugt.7
Das 18. Jahrhundert. – der Klassizismus: das Zentrum der Oppositi-
on unterschiedlichster Ideen, der endlose Kampf der „richtigen“ und „fal-
6 Richard Somerset-Ward, Oper. Ein Streifzug durch 400 Jahre Musiktheater (Mün-
chen: Knesebeck 1999), 284.
7 Jean-Pierre Baricelli, „Die Oper“, in Die Wende von der Aufklärung zur Romantik
1760-1820: Epoche im Überblick, hrsg. von Horst Albert Glaser, György Mihály Vajda
John Benjamins (Amsterdam/Philadelphia, Publishing Company, 2000), 489–490.
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