Page 147 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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oper als markt: opernaufführung als marketing-trick
Denn genau so logisch wird eine Vermutung, dass die Oper seit Jahr-
hunderten durch die natürliche Anziehungskraft der breitesten Öffentlich-
keit auf das Spektakel und das Vergnügen aufrechterhalten wurden. Bis
heute dauert die Faszination für die Oper an, die nach Ambrose Biers De-
finition „ein Spiel über das Leben in einer anderen Welt ist, dessen Bewoh-
ner nicht normal sprechen und sich bewegen können, sondern nur singen
und gestikulieren“3.
Mehrere gegenwärtige linke Intellektuelle beurteilen höchstens nega-
tiv die Institution der Oper schlechthin. So beispielsweise der slowenische
Philosoph, Psychoanalytiker und Kulturkritiker Slavoj Žižek in seinem
Buch „Der zweite Tod der Oper“ (2003). Er schreibt ihr (besonders in Be-
zug auf die Person und das Schaffen von Richard Wagner) die ganze Eitel-
keit und Sinnlosigkeit, die irgendwann in der Kunst existierte, zu. Es ist be-
merkenswert, wie Gustav Mechlenburg in der Rezension: „Ein Tod ist nicht
genug“ mit ihm diskutiert:
Die Oper war seiner Ansicht nach von ihrem Beginn an „tot“, da sie
„sich immer in parasitärer Weise auf andere Künste (auf reine Mu-
sik, auf Theater)„ verlassen muss. Wäre Zizek näher auf die Anfän-
ge der Operngeschichte eingegangen, hätte er zeigen können, wie
die Oper im Ausgang der Renaissance aus der Aporie entstand, die
antiken griechischen Tragödien mit ihrer idealen Verschmelzung
von Wort und Ton möglichst authentisch aufzuführen, ohne die-
se im Original je gehört zu haben. Gerade in diesem aussichtlosen
„Abarbeiten“ der Verbindung von Musik und Text war das Genre
jedoch lebendiger, als der Autor suggeriert.4
Im Zusammenhang damit könnte man vermuten, dass auch ein lang-
fristiges Dasein der Oper durch die verschiedenen Impulse inspiriert
wurde.
Sollte die Oper doch einmal sterben (obwohl ich stark bezweifle, dass
dies so schnell passieren wird), wäre es nur dann, wenn eine andere ähn-
liche musiktheatralische Gattung bzw. künstlerische Erscheinung besser
als die derzeitige Form den Bedürfnissen der künftigen Welt entsprechen
würde.
3 Ambrose Birce, Gewählte Schriften (Moskau: Zentrpoligrapf, 2003), 127. [Амброуз
Бирс. Избранное. Москва, Центрполиграф, 2003. С. 127].
4 Gustav Mechlenburg, „Ein Tod ist nicht genug“, TEXTEM: Texte und Rezensionen,
19. September 2003. Stand: 19.03.2018, http://www.textem.de/zizek.html.
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Denn genau so logisch wird eine Vermutung, dass die Oper seit Jahr-
hunderten durch die natürliche Anziehungskraft der breitesten Öffentlich-
keit auf das Spektakel und das Vergnügen aufrechterhalten wurden. Bis
heute dauert die Faszination für die Oper an, die nach Ambrose Biers De-
finition „ein Spiel über das Leben in einer anderen Welt ist, dessen Bewoh-
ner nicht normal sprechen und sich bewegen können, sondern nur singen
und gestikulieren“3.
Mehrere gegenwärtige linke Intellektuelle beurteilen höchstens nega-
tiv die Institution der Oper schlechthin. So beispielsweise der slowenische
Philosoph, Psychoanalytiker und Kulturkritiker Slavoj Žižek in seinem
Buch „Der zweite Tod der Oper“ (2003). Er schreibt ihr (besonders in Be-
zug auf die Person und das Schaffen von Richard Wagner) die ganze Eitel-
keit und Sinnlosigkeit, die irgendwann in der Kunst existierte, zu. Es ist be-
merkenswert, wie Gustav Mechlenburg in der Rezension: „Ein Tod ist nicht
genug“ mit ihm diskutiert:
Die Oper war seiner Ansicht nach von ihrem Beginn an „tot“, da sie
„sich immer in parasitärer Weise auf andere Künste (auf reine Mu-
sik, auf Theater)„ verlassen muss. Wäre Zizek näher auf die Anfän-
ge der Operngeschichte eingegangen, hätte er zeigen können, wie
die Oper im Ausgang der Renaissance aus der Aporie entstand, die
antiken griechischen Tragödien mit ihrer idealen Verschmelzung
von Wort und Ton möglichst authentisch aufzuführen, ohne die-
se im Original je gehört zu haben. Gerade in diesem aussichtlosen
„Abarbeiten“ der Verbindung von Musik und Text war das Genre
jedoch lebendiger, als der Autor suggeriert.4
Im Zusammenhang damit könnte man vermuten, dass auch ein lang-
fristiges Dasein der Oper durch die verschiedenen Impulse inspiriert
wurde.
Sollte die Oper doch einmal sterben (obwohl ich stark bezweifle, dass
dies so schnell passieren wird), wäre es nur dann, wenn eine andere ähn-
liche musiktheatralische Gattung bzw. künstlerische Erscheinung besser
als die derzeitige Form den Bedürfnissen der künftigen Welt entsprechen
würde.
3 Ambrose Birce, Gewählte Schriften (Moskau: Zentrpoligrapf, 2003), 127. [Амброуз
Бирс. Избранное. Москва, Центрполиграф, 2003. С. 127].
4 Gustav Mechlenburg, „Ein Tod ist nicht genug“, TEXTEM: Texte und Rezensionen,
19. September 2003. Stand: 19.03.2018, http://www.textem.de/zizek.html.
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