Page 81 - Weiss, Jernej, ur. 2020. Konservatoriji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela ▪︎ The conservatories: professionalisation and specialisation of musical activity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 4
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musikausbildung im post-habsburger raum
dern auch in „peripheren“ Ländern; die Offenheit für die musik-pädagogi-
schen Innovationen.
Noch eine spezifisch österreichische historisch-politische Entschei-
dung brachte weitgehende Ergebnisse, vor allen Dingen in der Kultur und
Ausbildung mehrerer Völker, die im Habsburger Imperium lebten. Es geht
um die national-kulturelle Autonomie (1867), nach der eine echte Blütezeit
für die verschiedene nationale Chor- und Musikvereine, für andere Musik-
institutionen, darunter Musikschulen und Konservatorien, herkam. Dies
erklärt, warum polnische und ukrainische Bevölkerung Galiziens viel in-
tensiver ihre eigene Musikkultur (wie auch andere Aktivitäten in der hu-
manitären Sphäre) entwickelten, als die Polen und Ukrainer im Rußland
oder Polen in Preußen.
Alles, was in der auf gegenwärtigen Stufe befindlichen Verwal-
tungstätigkeit des Staates unmittelbar die Pflege der Nationali-
tät berührt, muß der nationalen Selbstverwaltung überliefert, be-
ziehungsweise der „internationalen“ Majoritätsgewalt entzogen
werden.7
Hier muß man speziell unterstreichen, daß Galizien, vor allem pol-
nische Bevölkerung des Landes, aber auch gewissermaßen die Ukrai-
ner - Ruthene, besondere Rechte in ihren nationalen Kultur- und Aus-
bildungsbedürfnissen erreicht haben. Bis heute wurde relativ größere
national-kulturelle Freiheit des Landes zum Symbol der kulturellen Auto-
nomie im ganzen Imperium: „Der Name Galizien symbolisiert heute vor
allem die kulturelle Autonomie, die diese Region während der Teilungszeit
besaß“.8 Selbstverständlich alle nationale Ausbildungsinstitutionen, darun-
ter Musiklehranstalten strebten zu der breitesten Ausnutzung solcher Mög-
lichkeiten. Dies führte bald zur Gründung mehrerer neuen Institutionen
solcher Art, die auch nach dem Niedergang des Habsburger Imperiums
ihre Tätigkeit fortsetzten.
Anfangs des XX Jh. wurde in Lemberg nach den vieljährigen Bemü-
hungen noch eine, schon rein ukrainische, Musiklehranstalt gegründet:
7 AlfredvonOffermann,Die Verfassung als die Quelle des Nationalitätenhaders in Öster-
reich. Studie eines Patrioten (Wien, Leipzig: 1897), 74.
8 „Galizien“, Länder & Regionen, Deutsches Kulturforum Östliches Europa, http://
w w w. k u lt u r for u m .i n fo/de/st a r t s eite- de/1019467-laender-reg ionen /10 0 0 082-po -
len/1019489-galizien.
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dern auch in „peripheren“ Ländern; die Offenheit für die musik-pädagogi-
schen Innovationen.
Noch eine spezifisch österreichische historisch-politische Entschei-
dung brachte weitgehende Ergebnisse, vor allen Dingen in der Kultur und
Ausbildung mehrerer Völker, die im Habsburger Imperium lebten. Es geht
um die national-kulturelle Autonomie (1867), nach der eine echte Blütezeit
für die verschiedene nationale Chor- und Musikvereine, für andere Musik-
institutionen, darunter Musikschulen und Konservatorien, herkam. Dies
erklärt, warum polnische und ukrainische Bevölkerung Galiziens viel in-
tensiver ihre eigene Musikkultur (wie auch andere Aktivitäten in der hu-
manitären Sphäre) entwickelten, als die Polen und Ukrainer im Rußland
oder Polen in Preußen.
Alles, was in der auf gegenwärtigen Stufe befindlichen Verwal-
tungstätigkeit des Staates unmittelbar die Pflege der Nationali-
tät berührt, muß der nationalen Selbstverwaltung überliefert, be-
ziehungsweise der „internationalen“ Majoritätsgewalt entzogen
werden.7
Hier muß man speziell unterstreichen, daß Galizien, vor allem pol-
nische Bevölkerung des Landes, aber auch gewissermaßen die Ukrai-
ner - Ruthene, besondere Rechte in ihren nationalen Kultur- und Aus-
bildungsbedürfnissen erreicht haben. Bis heute wurde relativ größere
national-kulturelle Freiheit des Landes zum Symbol der kulturellen Auto-
nomie im ganzen Imperium: „Der Name Galizien symbolisiert heute vor
allem die kulturelle Autonomie, die diese Region während der Teilungszeit
besaß“.8 Selbstverständlich alle nationale Ausbildungsinstitutionen, darun-
ter Musiklehranstalten strebten zu der breitesten Ausnutzung solcher Mög-
lichkeiten. Dies führte bald zur Gründung mehrerer neuen Institutionen
solcher Art, die auch nach dem Niedergang des Habsburger Imperiums
ihre Tätigkeit fortsetzten.
Anfangs des XX Jh. wurde in Lemberg nach den vieljährigen Bemü-
hungen noch eine, schon rein ukrainische, Musiklehranstalt gegründet:
7 AlfredvonOffermann,Die Verfassung als die Quelle des Nationalitätenhaders in Öster-
reich. Studie eines Patrioten (Wien, Leipzig: 1897), 74.
8 „Galizien“, Länder & Regionen, Deutsches Kulturforum Östliches Europa, http://
w w w. k u lt u r for u m .i n fo/de/st a r t s eite- de/1019467-laender-reg ionen /10 0 0 082-po -
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