Page 338 - Stati inu obstati, revija za vprašanja protestantizma, letnik IV (2008), številki 7-8, ISSN 1408-8363
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SYNOPSES, ZUSAMMENFASSUNGEN

UDC 929 Trubar P.:284.1
22.04/.05=30

Erich Bryner
Theologische Motive in der Bibelübersetzungsarbeit
von Primus Truber

Dass Primus Truber hervorragende Arbeit als Bibelübersetzer leistete, war
im 16. Jahrhundert in Zürich gut bekannt. Heinrich Bullinger, der Nachfolger
Zwinglis in der Leitung der Zürcher Kirche, drückte ihm seine höchste Anerken-
nung aus.

In der Geschichte der Bibelübersetzungen der Reformationszeit kommt
Truber ein herausragender Platz zu. Es ist ihm gelungen, die Zeichen der Zeit
zu erkennen und eine bedeutende sprachschöpferische und übersetzerische
Leistung zu vollbringen. Er arbeitete in einem räumlichen und zeitlichen
Spannungsfeld: Die Bibelübersetzungen sollten dem, wie er oft sagte, „armen
windischen Volk“ zugute kommen, das sich in einem Zweifrontenkampf gegen
den Antichrist befand, der sich, wie Truber häufig bemerkte, im Papst und in
den Türken manifestierte, und Truber fühlte sich – wie andere Reformatoren
auch – in der Endzeit. Sein Werk sollte in andere slawische Länder bis ins
russische Reich ausstrahlen und auch der Türkenmission dienen.

Die Entsprechung zwischen der Sprachverwirrung nach dem Turmbau zu
Babel und der Sprachverständigung durch Pfingsten war Truber und seinen
Mitarbeitern sehr wichtig. Sie war aber in der Theologiegeschichte des 16.
Jahrhunderts nicht so einzigartig, wie in der Forschung bisher angenommen,
sondern ist in einem ganzen Strom theologischen und liturgischen Schaffens
belegt, sowohl in liturgischen Texten der orthodoxen Kirche als auch in theo-
logischen und sprachphilosophischen Werken der Reformation, insbesondere
beim Zürcher Theologen Theodor Bibliander.

Aus diesen Beobachtungen ergibt sich ein interessanter Hinweis auf den
Umgang Trubers mit dem Verhältnis zwischen Altem und Neuem Testament,
der vor allem an die Schweizerische Reformation erinnert. Nach Bullinger wird
in den Evangelien nichts anderes gelehrt, als was im Alten Testament gelehrt
worden war, und das Neue Testament ist für ihn nichts anderes als die Aus-
legung des Alten. Calvin unterstrich ebenfalls stets die Einheit der beiden
Testamente. Auch Truber betont die Einheit des alt- und neutestamentlichen
Zeugnisses: Laut neutestamentlichem Zeugnis wird wiederhergestellt, was nach
alttestamentlichem Zeugnis verloren ging: die Gottebenbildlichkeit und die
sprachliche Verständigung der gefallenen Menschen. An Pfingsten „erfüllte
Gott seine Apostel mit dem Heiligen Geist, so dass sie in einem Augenblick alle
Sprachen verstanden und redeten“, was Anstösse zum Übersetzen der Bibel in
die Volkssprachen gab, auch ins Slowenische und Kroatische.

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