Page 211 - Stati inu obstati, revija za vprašanja protestantizma, letnik XV (2019), številka 30, ISSN 2590-9754
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povzetki, synopses, ZUSAMMENFASSUNGEN

Die Mentalität der evangelischen Bevölkerung in der Region von Prekmurje
Anfang des 20. Jahrhunderts
Der Beitrag konzentriert sich auf die Mentalität der Evangelischen im Raum Prek-
murje Anfang des 20. Jahrhunderts, als man sich immer intensiver auf die Angliederung
des Übermurgebiets und damit auf die Wiedervereinigung der Slowenen aus der Prek-
murje-Region mit dem slowenischen Vaterland vorbereitete, worüber man in evangeli-
schen Kreisen nicht sonderlich begeistert war, wie aus den bis dato bekannten Aufzeich-
nungen hervorgeht. Da im Folgenden die bisherigen, vor allem die unvoreingenomme-
nen Aspekte dieses Themas hervorgehoben werden sollen, liegt der Fokus auf den For-
schungsergebnissen der beiden wichtigsten, leider bereits verstorbenen Experten, Dr.
Mihael Kuzmič und Mag. Franc Kuzmič, die sich wissenschaftlich mit dem Protestantis-
mus in der Prekmurje-Region auseinandersetzten. Um den Ausführungen den notwen-
digen kontextuellen Rahmen zu geben, wird zunächst auf die Organisation der evange-
lischen Kirche eingegangen, auf die Ausbildungszentren, in denen die Protestanten aus
Prekmurje ihre Ausbildung absolvierten, sowie auf die Frage des Nationalbewusstseins
und die protestantische Schreibtradition als Grundlage der religiösen, nationalen und
sprachlichen Identität.
Die an der Schwelle des 20. Jahrhunderts in der Region Prekmurje tätigen Pfarrer
wurden hauptsächlich in Ungarn ausgebildet, was auch ihre Loyalität gegenüber dem
ungarischen Staat erklärt; jedoch erscheint in diesem Zusammenhang als nicht gerecht-
fertigt, sie nur aufgrund ihrer Einbettung in den ungarischen Kulturraum und folglich
aufgrund ihres Festhaltens an der ungarischen Schrift in einem negativen Licht dar-
zustellen oder sie sogar pejorativ als „Magyaronen“ zu bezeichnen, was auch von den
beiden genannten Forschern entschieden zurückgewiesen wird. Im Jahr 1919 gab es in
der Region Prekmurje zehn evangelische Kirchengemeinden; in der Hälfte davon wa-
ren Pfarrer ungarischer Nationalität tätig. Dennoch blieb die sprachliche Identität der
slowenischen Nation erhalten, was darauf hinweist, dass das Slowenische in den dorti-
gen evangelischen Kirchen gesprochen und gehört wurde. Darüber hinaus stellen Mi-
hael und Franc Kuzmič auch fest, dass etwaige Abweichungen von den national oder
religiös bedingten Ausrichtungen in bestimmten Zeitabschnitten und bei bestimmten
Persönlichkeiten nicht verallgemeinert oder überschätzt werden sollten. Sie betonen au-
ßerdem, wie wichtig es ist, den spezifischen Charakter der protestantischen Bevölke-
rung in Prekmurje zu beachten, um die Werte und die religiöse Hingabe der Prote-
stanten interpretieren zu können. Gerade dieses Defizit hat nämlich dazu geführt, dass
die Protestanten bei der Abspaltung von Ungarn und der Angliederung an das dama-
lige Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen oft in einem negativen Licht darge-
stellt wurden.
Schlüsselwörter: Protestantismus, Magyaronismus, Magyarophilie,
Standardprekmurisch

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