Page 92 - Weiss, Jernej, ur. 2018. Nova glasba v “novi” Evropi med obema svetovnima vojnama ?? New Music in the “New” Europe Between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 2
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nova glasba v »novi« evropi med obema svetovnima vojnama
„Großen Ukraine“2, nach dem Zerfall des Russischen Imperiums blieben in
der UdSSR und bildeten Ukrainische Sowjetische Sozialistische Republik;
nach dem Zerfall des Habsburger Imperiums in den neuentstandenen Staa-
ten wohnten 5, 6 Mio. im Polen, im II Rzecz Pospolita, etwa 790 Tausend
– in rumänischer Bukowina, in hinterkarpatischen Erden, die damals zur
Tschechoslowakei gehörten, lebten 725 Tausend Ukrainer3.
Diese geographische Präzisierung scheint für darlegenden Vortrag
wichtig, weil der Erklärung gewisser Spezifik nationaler Musikkunst in
verschiedenen sozialpolitischen Umständen, d. h. in verschiedenen Staa-
ten, dient.
Man könnte scheinen, solche Situation sollte zu tiefer Krise auch in der
Kunst führen. Doch tatsächlich beobachtet man die ganz entgegengesetz-
ten Prozesse, als erwartet: die ukrainische Komponistenschule begann in
den 10-en – 20-en Jahren des XX. Jahrhunderts erfolgreich in den europäi-
schen Kulturraum zu integrieren. Es merkt man entweder in Kyiv, Charkiv,
Odessa, oder in Lviv und Tschernowitz. In diesen Jahren gestaltete sich ein
eigenartiges ukrainisches Modern, der danach in den Modernismus umge-
staltet wurde4. In Rahmen des kürzen Überblicks wäre nicht möglich, aus-
führliche Charakteristik entweder des Modernes oder des Modernismus in
ihrer ukrainischen Dimension zu entfalten. Dadurch skizziert man nur die
wichtigsten Richtlinien neuer ästhetischen Tendenzen in der Ukraine, wie
auch ihrem historischen Schicksal.
Das Modern als eine Stilrichtung Fin de siècle korrespondierte ide-
al mit den Absichten junger ukrainischer Künstler. Über diese Absichten
schreibt die Forscherin des ukrainischen Modernes Maria Karalus:
„Wenn man damals herrschende weltanschauliche Prinzipien ver-
einfachen und schematisieren könnte, denn bestätigt man, dass
zwei Prinzipien als grundlegende sich etablierten: eigenartiger mu-
sikalischer Nationalismus und gleichzeitig die Strebung zur voll-
2 Wladimir Kabuzan, Ukrainer in der Welt: Dynamik der Bevölkerungszahl und Sied-
lung (Moskau: Nauka, 2006). [Кабузан В. М., Украинцы в мире. Динамика числен-
ности и расселения.]
3 Wira Switlytschna, Geschichte der Ukraine. Lehrbuch (Kyiv: Karavella, 2006), 298–
304. [Світлична В.В., Історія України. Навч. Посібник.]
4 Ich unterscheide prinzipiell Modern und Modernismus, obwohl in manchen For-
schungen sie vereinigt sind.
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„Großen Ukraine“2, nach dem Zerfall des Russischen Imperiums blieben in
der UdSSR und bildeten Ukrainische Sowjetische Sozialistische Republik;
nach dem Zerfall des Habsburger Imperiums in den neuentstandenen Staa-
ten wohnten 5, 6 Mio. im Polen, im II Rzecz Pospolita, etwa 790 Tausend
– in rumänischer Bukowina, in hinterkarpatischen Erden, die damals zur
Tschechoslowakei gehörten, lebten 725 Tausend Ukrainer3.
Diese geographische Präzisierung scheint für darlegenden Vortrag
wichtig, weil der Erklärung gewisser Spezifik nationaler Musikkunst in
verschiedenen sozialpolitischen Umständen, d. h. in verschiedenen Staa-
ten, dient.
Man könnte scheinen, solche Situation sollte zu tiefer Krise auch in der
Kunst führen. Doch tatsächlich beobachtet man die ganz entgegengesetz-
ten Prozesse, als erwartet: die ukrainische Komponistenschule begann in
den 10-en – 20-en Jahren des XX. Jahrhunderts erfolgreich in den europäi-
schen Kulturraum zu integrieren. Es merkt man entweder in Kyiv, Charkiv,
Odessa, oder in Lviv und Tschernowitz. In diesen Jahren gestaltete sich ein
eigenartiges ukrainisches Modern, der danach in den Modernismus umge-
staltet wurde4. In Rahmen des kürzen Überblicks wäre nicht möglich, aus-
führliche Charakteristik entweder des Modernes oder des Modernismus in
ihrer ukrainischen Dimension zu entfalten. Dadurch skizziert man nur die
wichtigsten Richtlinien neuer ästhetischen Tendenzen in der Ukraine, wie
auch ihrem historischen Schicksal.
Das Modern als eine Stilrichtung Fin de siècle korrespondierte ide-
al mit den Absichten junger ukrainischer Künstler. Über diese Absichten
schreibt die Forscherin des ukrainischen Modernes Maria Karalus:
„Wenn man damals herrschende weltanschauliche Prinzipien ver-
einfachen und schematisieren könnte, denn bestätigt man, dass
zwei Prinzipien als grundlegende sich etablierten: eigenartiger mu-
sikalischer Nationalismus und gleichzeitig die Strebung zur voll-
2 Wladimir Kabuzan, Ukrainer in der Welt: Dynamik der Bevölkerungszahl und Sied-
lung (Moskau: Nauka, 2006). [Кабузан В. М., Украинцы в мире. Динамика числен-
ности и расселения.]
3 Wira Switlytschna, Geschichte der Ukraine. Lehrbuch (Kyiv: Karavella, 2006), 298–
304. [Світлична В.В., Історія України. Навч. Посібник.]
4 Ich unterscheide prinzipiell Modern und Modernismus, obwohl in manchen For-
schungen sie vereinigt sind.
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