Page 95 - Weiss, Jernej, ur. 2018. Nova glasba v “novi” Evropi med obema svetovnima vojnama ?? New Music in the “New” Europe Between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 2
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ukrainische komponistenschule in der zwischenkriegsperiode des xx jahrhunderts
findungen, den farbreichen Bildern aus der Natur vor. In den besten seinen
Klavierwerken konnte der Autor die feinen Nuancen delikaten Stimmungen
zum Ausdruck bringen, repräsentierte die interessante Beziehung der im-
pressionistischen Tonmalerei zu den melodischen Volksmotiven, vereinigte
die einzelnen ausdrucksvollen Zeichen der Stile, die weit voneinander ent-
fernt sind. Die Sezession mit ihren grellen Tonen und konstruktiven Zusam-
menhängen von Elementen entsprach völlig seinem Kunstgeschmack. Die
Strebung des Komponisten zu den reichen dekorativen „Musikschmücken“
und äußeren Interpretationseffekten, zu den Programmerklärungen zeugte
von seiner Nähe zu den gegenwärtigen ästhetischen Prinzipien11.
Im Gegensatz zum Nyshankiwskyj, pflegte Mykola Kolessa vielmehr
typische „huzulische“ Elemente – die Gattungsformeln des huzulischen
Tanzes „Kolomyjka“, sog. „huzulische Tonart“: Moll mit den hohen IV und
VI Stufen, scharfe synkopierte Rhythmen etc. Der Komponist führte alle
diese „huzulische“ Ausdruckselemente aufgrund der neuen kompositori-
schen Technik, deswegen sind sie so frisch und originell wahrgenommen.
Wenn das Modern wurde durch die ukrainischen Kunstmilieus am
Ost und West wegen der verschiedenen Anziehungszentren (Petersburg –
Wien) eigenartig transformiert, aber immer als Resultat freier Wahl jedes
Künstlers, ganz anders hat das Schicksal des Modernismus zusammenge-
stellt. Eigentlich ist schon die Kategorie von Modernismus ziemlich mehr-
deutig und flexibel. Die Forscherin des ukrainischen literarischen Moder-
nismus, Solomia Pawlytschko bemerkte vortrefflich: „Der Modernismus
enthält in sich mehr Paradoxen (als andere Stile und Stilrichtungen – L.K.),
ist nicht den strikten Definitionen unterworfen, und darüber hinaus hat
eine grundlegende nationale Unterschiede“12.
Der spezifische ukrainische Modernismus stieß auf noch ein Hinder-
nis: er hatte fast keine Voraussetzungen in den früheren Perioden, im Ge-
genteil, die vorherherrschende volkstümliche Ideologie mit ihren realisti-
schen „Bildern aus der Natur“, der Beschreibung des Leidens armer Bauer
hatte wenig mit dem Modernismus zu tun. Denn – wieder nach Solomia Pa-
wlytschko –
11 Igor Sonewytskyj, „Das kompositorische Erbe von Nestor Nyshankiwskyj“, in
Nachrichten der Wissenschaftlicher Gesellschaft „Taras Schewtschenko, Band
ССХХVІ: Forschungen der Musikwissenschaftlichen Kommission. (Lviv, 1993)
334. [Соневицький І. Композиторська спадщина Нестора Нижанківського B:
Записки НТШ, Т. ССХХVІ: Праці Музикознавчої комісії (Львів, 1993) 334].
12 Solomia Pawlytschko Der Diskurs des Modernismus in der ukrainischen Literatur,
2 Aufl. (Kyiv: Lybid´, 1999), 32. [Павличко Соломія. Дискурс модернізму в
українській літературі, 2-ге вид. (К.: Либідь, 1999), 32]
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findungen, den farbreichen Bildern aus der Natur vor. In den besten seinen
Klavierwerken konnte der Autor die feinen Nuancen delikaten Stimmungen
zum Ausdruck bringen, repräsentierte die interessante Beziehung der im-
pressionistischen Tonmalerei zu den melodischen Volksmotiven, vereinigte
die einzelnen ausdrucksvollen Zeichen der Stile, die weit voneinander ent-
fernt sind. Die Sezession mit ihren grellen Tonen und konstruktiven Zusam-
menhängen von Elementen entsprach völlig seinem Kunstgeschmack. Die
Strebung des Komponisten zu den reichen dekorativen „Musikschmücken“
und äußeren Interpretationseffekten, zu den Programmerklärungen zeugte
von seiner Nähe zu den gegenwärtigen ästhetischen Prinzipien11.
Im Gegensatz zum Nyshankiwskyj, pflegte Mykola Kolessa vielmehr
typische „huzulische“ Elemente – die Gattungsformeln des huzulischen
Tanzes „Kolomyjka“, sog. „huzulische Tonart“: Moll mit den hohen IV und
VI Stufen, scharfe synkopierte Rhythmen etc. Der Komponist führte alle
diese „huzulische“ Ausdruckselemente aufgrund der neuen kompositori-
schen Technik, deswegen sind sie so frisch und originell wahrgenommen.
Wenn das Modern wurde durch die ukrainischen Kunstmilieus am
Ost und West wegen der verschiedenen Anziehungszentren (Petersburg –
Wien) eigenartig transformiert, aber immer als Resultat freier Wahl jedes
Künstlers, ganz anders hat das Schicksal des Modernismus zusammenge-
stellt. Eigentlich ist schon die Kategorie von Modernismus ziemlich mehr-
deutig und flexibel. Die Forscherin des ukrainischen literarischen Moder-
nismus, Solomia Pawlytschko bemerkte vortrefflich: „Der Modernismus
enthält in sich mehr Paradoxen (als andere Stile und Stilrichtungen – L.K.),
ist nicht den strikten Definitionen unterworfen, und darüber hinaus hat
eine grundlegende nationale Unterschiede“12.
Der spezifische ukrainische Modernismus stieß auf noch ein Hinder-
nis: er hatte fast keine Voraussetzungen in den früheren Perioden, im Ge-
genteil, die vorherherrschende volkstümliche Ideologie mit ihren realisti-
schen „Bildern aus der Natur“, der Beschreibung des Leidens armer Bauer
hatte wenig mit dem Modernismus zu tun. Denn – wieder nach Solomia Pa-
wlytschko –
11 Igor Sonewytskyj, „Das kompositorische Erbe von Nestor Nyshankiwskyj“, in
Nachrichten der Wissenschaftlicher Gesellschaft „Taras Schewtschenko, Band
ССХХVІ: Forschungen der Musikwissenschaftlichen Kommission. (Lviv, 1993)
334. [Соневицький І. Композиторська спадщина Нестора Нижанківського B:
Записки НТШ, Т. ССХХVІ: Праці Музикознавчої комісії (Львів, 1993) 334].
12 Solomia Pawlytschko Der Diskurs des Modernismus in der ukrainischen Literatur,
2 Aufl. (Kyiv: Lybid´, 1999), 32. [Павличко Соломія. Дискурс модернізму в
українській літературі, 2-ге вид. (К.: Либідь, 1999), 32]
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