Page 215 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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teatri d’oltremare: impresari und ihr beziehungsnetz ....

und Gesangsstimmen). Was er nicht auf Lager hatte, ließ Schmidl direkt
aus Mailand kommen. Daneben wurden Anfragen an Antonio Gallo, den
Vertreter von Ricordi „für Venetien und Illyrien“, oder an die Firma Fran-
cesco Lucca gestellt. Dann wurde – von Verleger zu Verleger unterschied-
lich – ein Leihvertrag ausgehandelt.27 Fallweise wurden die Klavierauszü-
ge nicht via Dampfschiff, sondern mit der normalen Post verschickt. Die
Transportkosten gingen zu Lasten des Impresario, der als Garantie für die
Einhaltung seiner Verpflichtungen eine Geldsumme deponieren musste.28
Des Weiteren war er unter Androhung einer Geldstrafe verpflichtet, in den
Programmen einen Eigentumsnachweis für das verwendete Notenmaterial
abzudrucken.29 Die Noten wurden also versandt und bei der Lieferung mit
einer genauen Auflistung der verliehenen Stimmen versehen.

Einen weiteren Kostenpunkt für den Impresario stellte die Entloh-
nung externer Mitwirkender dar. Nicht alles fand man an Ort und Stel-
le vor, vielmehr gilt es festzuhalten, dass auch an der östlichen Adriaküste
– genauso wie bei Theatern auf der italienischen Halbinsel – die Orchester
nur semiprofessionell waren und deshalb stets Bedarf an Aushilfen von au-
ßerhalb herrschte.30 Ebenso fehlte es an Choristen: Es mag seltsam anmu-
ten, aber im Theater von Zadar verzeichnete man im Jahr 1884 nur drei
Chorsänger und keine einzige Chorsängerin. In Split gab es im darauffol-
genden Jahrzehnt überhaupt keine Choristen, und man konnte auf gerade

27 Antonio Gallo verfügte, obwohl er zu Ricordi gehörte, über ein eigenes Formular für
den Verleih von Partituren und Klavierauszügen, das sich von dem der Casa Ricor-
di und natürlich auch von dem der Casa Lucca unterschied. In dem Dokument wa-
ren neben den Ausleihkosten für die Noten auch Anfang und Ende des Nutzungs-
zeitraumes festzuhalten. Bei verspäteter Rückgabe war eine Geldstrafe fällig, die von
Woche zu Woche höher wurde. Vgl. z. B. den Ausleihvertrag zwischen der Firma
Francesco Lucca und dem Impresario Carlo Vianello in Zadar aus dem Jahr 1875,
HR-DAZD-252, Ordner 27.

28 1909 überwies Mazzoleni (der im fraglichen Jahr die Aufgabe des Impresarios über-
nahm) an Schmidl für die Noten von Il Trovatore und La Traviata, die 400 Lire ge-
kostet hatten, eine Kaution in der Höhe von 100 Lire.

29 Laut den Vertragsbestimmungen waren überdies Strafzahlungen vorgesehen, wenn
man die Noten vollständig oder teilweise kopierte. Es war vereinbart, dass im Fal-
le, dass ein Komponist seiner Musik anlässlich bestimmter Vorführungen Ergän-
zungen hinzufügte, diese dem Verleger abzutreten seien. Die Libretti wurden aus-
schließlich direkt beim Verleger gekauft und durften nicht vor Ort gedruckt werden.

30 Für einen Vergleich mit den symphonischen Orchestern auf der italienischen
Halbinsel s. z. B. Franco Piperno und Antonio Rostagno, „The Orchestra in Nine-
teenth-Century Italian Opera Houses“ in Niels Martin Jensen und Franco Piperno
(Hg.), The Opera Orchestra in 18th- and 19th-Century Europe (BWV 2008), 15–62; so-
wie diverse Beiträge, die Renato Meucci in den 1980er- und 1990er-Jahren dem The-
ma der Orchesterbesetzung und des Orchesterklanges widmete.

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