Page 50 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju
sich durchaus auch eine Linie zu Werken Olga Neuwirths ziehen lässt. Die
Lust an Anspielungen und Zitaten, die der Kommunikation mit dem Publi-
kum dienen, teilen Adès und Neuwirth wohl auch nicht zufällig.
Gesellschaftskritik und Kommunikation mit dem Publikum finden
sich auch bei Henze und Reiman. Jürgen Maehder sieht Intellektualisie-
rung des Musiktheaters als Erfolgshintergrund für Reimanns Literaturo-
pern, wenn auch die Kritik an mangelnder Publikumswirksamkeit seit der
Salzburger Nachkriegsuraufführungsära präsent bleibt. Selbst die hoch-
gelobte Nachkriegszeit in Salzburg führte letztlich zu einer eher ernüch-
ternden Bilanz, was die Akzeptanz der zeitgenössischen Werke beim brei-
ten Publikum betrifft.91
Conclusio
Welche Rolle spielen nun neue Werke auf Österreichs Bühnen? Natio-
naltheater sehen sich als nationale Traditionshüter und zugleich Orte na-
tionaler Innovation mit internationalem Anspruch. In Österreich ist, was
die institutionelle Tradition betrifft, das Erbe der nationalsozialistischen
Zeit, das noch aufzuarbeiten ist, greifbar. Hinsichtlich internationaler Ein-
flüsse zeigen sich Präsenz sowohl der deutschsprachigen und internatio-
nalen Avantgarde einschließlich der englischsprachigen Tradition, sodass
sich das Musiktheater als Ort der Begegnung und der Auseinandersetzung
aktueller ästhetischer Strömungen präsentiert. Bühnen sind die Schnitt-
punkte der Opernästhetik und damit auch Orte des Wettstreits. Hier ist
auch der Ort für Musikkritik.92
Der Anspruch, mit Musiktheater Feste im emphatischen Sinn zu fei-
ern, wie für die Salzburger Festspiele mehrfach formuliert, beinhaltet den
Wunsch nach Veränderungen der Rezeption bekannter Werke – auch hin
zu einer kritischen. Eine gewisse Dosis an Provokation scheint dabei durch-
aus erwünscht. Axel Brüggemann erinnert an den subversiven Charakter
des Festes im Gegensatz zum Spektakel.
91 Vgl. Jürgen Maehder, „Untersuchungen zum Musiktheater Aribert Reimanns. Musi-
kalische Dramaturgie in Lear und Die Gespenstersonate“, in: Jürgen Kühnel, Ulrich
Müller und Oswald Panagl ed., Musiktheater der Gegenwart. Text, Komposition, Re-
zeption und Kanonbildung (Salzburg: Mueller-Speiser, 2008), 342–373.
92 Wenn auf die Tendenz zur Musealisierung der Klassikkultur verwiesen wird, wird
auch die Notwendigkeit von Kritik betont und auf die prekäre Lage der Musikkri-
tik hingewiesen. Vgl. Reinhard J. Brembeck, „Glück & Nekrophilie“, in: Michael Fi-
scher, ed., Die Festspiele. Wirklichkeit, Deutung, Zukunft (Salzburg: Residenz, 2012),
157–158.
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sich durchaus auch eine Linie zu Werken Olga Neuwirths ziehen lässt. Die
Lust an Anspielungen und Zitaten, die der Kommunikation mit dem Publi-
kum dienen, teilen Adès und Neuwirth wohl auch nicht zufällig.
Gesellschaftskritik und Kommunikation mit dem Publikum finden
sich auch bei Henze und Reiman. Jürgen Maehder sieht Intellektualisie-
rung des Musiktheaters als Erfolgshintergrund für Reimanns Literaturo-
pern, wenn auch die Kritik an mangelnder Publikumswirksamkeit seit der
Salzburger Nachkriegsuraufführungsära präsent bleibt. Selbst die hoch-
gelobte Nachkriegszeit in Salzburg führte letztlich zu einer eher ernüch-
ternden Bilanz, was die Akzeptanz der zeitgenössischen Werke beim brei-
ten Publikum betrifft.91
Conclusio
Welche Rolle spielen nun neue Werke auf Österreichs Bühnen? Natio-
naltheater sehen sich als nationale Traditionshüter und zugleich Orte na-
tionaler Innovation mit internationalem Anspruch. In Österreich ist, was
die institutionelle Tradition betrifft, das Erbe der nationalsozialistischen
Zeit, das noch aufzuarbeiten ist, greifbar. Hinsichtlich internationaler Ein-
flüsse zeigen sich Präsenz sowohl der deutschsprachigen und internatio-
nalen Avantgarde einschließlich der englischsprachigen Tradition, sodass
sich das Musiktheater als Ort der Begegnung und der Auseinandersetzung
aktueller ästhetischer Strömungen präsentiert. Bühnen sind die Schnitt-
punkte der Opernästhetik und damit auch Orte des Wettstreits. Hier ist
auch der Ort für Musikkritik.92
Der Anspruch, mit Musiktheater Feste im emphatischen Sinn zu fei-
ern, wie für die Salzburger Festspiele mehrfach formuliert, beinhaltet den
Wunsch nach Veränderungen der Rezeption bekannter Werke – auch hin
zu einer kritischen. Eine gewisse Dosis an Provokation scheint dabei durch-
aus erwünscht. Axel Brüggemann erinnert an den subversiven Charakter
des Festes im Gegensatz zum Spektakel.
91 Vgl. Jürgen Maehder, „Untersuchungen zum Musiktheater Aribert Reimanns. Musi-
kalische Dramaturgie in Lear und Die Gespenstersonate“, in: Jürgen Kühnel, Ulrich
Müller und Oswald Panagl ed., Musiktheater der Gegenwart. Text, Komposition, Re-
zeption und Kanonbildung (Salzburg: Mueller-Speiser, 2008), 342–373.
92 Wenn auf die Tendenz zur Musealisierung der Klassikkultur verwiesen wird, wird
auch die Notwendigkeit von Kritik betont und auf die prekäre Lage der Musikkri-
tik hingewiesen. Vgl. Reinhard J. Brembeck, „Glück & Nekrophilie“, in: Michael Fi-
scher, ed., Die Festspiele. Wirklichkeit, Deutung, Zukunft (Salzburg: Residenz, 2012),
157–158.
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