Page 64 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
P. 64
vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

stein. Die vier russischen Komponisten seien in den Ecken des positioniert
worden, vorn Glinka und Tschaikowsky, hinten Borodin und Rubinstein.
Als ausländische Komponisten folgten von der Bühne ausgehend Bach und
Beethoven, Mozart und Händel, Haydn und Schubert, Mendelssohn und
Schumann, Wagner und Gluck. Wenn ich den Text richtig interpretiere,
so folgt daraus, dass von links vorn Glinka, Bach, Mozart, Haydn, Men-
delssohn, Wagner und Borodin zu sehen waren, von rechts vorn Tschai-
kowsky, Beethoven, Händel, Schubert, Schumann, Gluck und Rubinstein.
Die vier russischen Komponisten rahmten damit ausschließlich Kompo-
nisten deutscher Sprache. Bemerkenswert waren vor allem vorn die Paa-
rungen Tschaikowsky und Beethoven sowie Glinka und Bach, die offen-
bar als Gründungsväter der nationalen Schulen gesetzt wurden. Glinka
entspreche demnach Bach, Tschaikowsky Beethoven. Am Ende der beiden
Reihen standen Gluck und Rubinstein sowie Wagner und Borodin. Letzte-
re können als moderne Vertreter der nationalen Oper angesehen werden,
da Borodins Oper Fürst Igor (fertiggestellt von Nikolai Rimski-Korsakow
und Alexander Glasunow) 1890 uraufgeführt worden war. Die Kombinati-
on Gluck/(Nikolai) Rubinstein erschließt sich mir nicht. Umso deutlicher
wurde die Bedeutung von Bach und Beethoven nochmals hervorgehoben,
deren Bronzebüsten am Eingang des Großen Saals aufgestellt waren als den
ewigen Repräsentanten der reinen Kunst.9

Im Jahre 1953, dem Todesjahr Stalins und Prokofjews, wurde die Kom-
ponistengalerie im Großen Konzertsaal des Moskauer Konservatoriums
geändert. Vier Portraits wurden entfernt: Haydn, Mendelssohn, Gluck und
Händel. Ersetzt wurden sie durch Mussorgsky, Chopin, Dargomyschski
und Rimski-Korsakow. Heute präsentiert sich die Sammlung in folgender
Aufstellung: links von vorn Tschaikowsky, Beethoven, Mussorgsky, Schu-
bert, Schumann, Chopin, Rubinstein, rechts von vorn Glinka, Bach, Mo-
zart, Dargomyschski, Rimski-Korsakow, Wagner, Borodin. Die Eckpunkte
und die Gründungsväter sind also erhalten geblieben. Ein Jahr später (1954)
wurde vor dem Gebäude ein von W. I. Muchina geschaffenes Tschaikow-
ski-Denkmal aufgestellt. Bereits am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde
noch eine weitere ikonographische Veränderung vorgenommen. Bei einem
Bombenangriff war das Glasbild der Heiligen Cäcilia im Foyer des Saals
durch die Druckwelle zerstört worden. An seine Stelle platzierten die Ver-
antwortlichen 1944 das Bild von Ilya Repin “Slawische Komponisten”. Es

9 Zugirff: 25. 2. 2018, http://www.mosconsv.ru/ru/book.aspx?id=131506. Michael Sa-
ponov danke ich für wertvolle Hinweise.

62
   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68   69