Page 88 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
P. 88
vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

Im Hinblick auf diese Tatsache hat sich, wie wir erfahren, ganz
ohne jeder Agitation spontan aus dem Kreise der Gründer und Stif-
ter des Theatervereins eine Gruppe von kapitalskräftigen Männern
zusammengefunden, die den festen Entschluß faßten, unter keinen
Umständen es zuzugeben, daß diese von deutschen Wiener Bür-
gern geschaffene Kunststätte der internationalen Judenclique aus-
geliefert werde. Vielmehr besteht in diesen Kreisen die Absicht, ge-
gebenenfalls, wenn Simons sich nicht halten können sollte, in Form
eines Regiekollegiums die Führung des Theaters provisorisch zu
übernehmen und einen angestellten Direktor mit der Leitung die-
ser Bühne zu betrauen. Ueber die Person des in Aussicht genom-
menen Direktors verlautet, daß die Wahl auf Herrn Benke gefal-
len sein soll. Wir lassen die Frage unerörtert, ob Herr Benke der
geeignete Mann wäre, den verfahrenen Karren ins richtige Geleise
zu bringen[,] und verzeichnen diese Tatsache nur zur Kennzeich-
nung der Stimmungen und Absichten, die im Jubiläumstheaterver-
ein herrschen.“

Und das „Deutsche Volksblatt“ schließt:

Wir haben diesen vortrefflichen Auslassungen der „Ostdeutschen
Rundschau“ nichts hinzuzufügen. Wir geben nur der Hoffnung
Ausdruck, daß in der morgigen Hauptversammlung Christlichso-
ziale und Deutschnationale verschiedenster Schattierungen ver-
eint darauf hinarbeiten werden, daß das Jubiläumstheater endlich
wird, was es nach den Absichten seiner Gründer werden sollte, ein
gutes, modernes, deutsches Familientheater, vor dessen Toren die
Macht des jüdischen Einflusses Halt machen muß.57

Am 30. Oktober fand dann die Hauptversammlung des „Kaiserjubilä-
ums=Stadttheatervereins“ statt und nach stürmischen Debatten und „nu-
merischer“ Auszählung der Stimmen (anstelle einer nach der Summe der
Anteilscheine) wurde Rainer Simons die Pacht erlassen. Es wurde aber be-
tont, daß sich Direktor Simons „verpflichtet“ habe,

keine Juden in das Theater aufzunehmen und an den Traditionen
des christlichen Theaters festzuhalten. Nur bei musikalischen Auf-
führungen werde zugegeben, daß ein Mitarbeiter, beziehungswei-
se der Textdichter, nicht zweifellos arischer Abstimmung sei, doch

57 Deutsches Volksblatt Nr. 5321, 29. Oktober 1903, S. 8f.

86
   83   84   85   86   87   88   89   90   91   92   93