Page 198 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
P. 198
vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju
dringlich seine Kunst auf die Marburger Zuhörerschaft gewirkt hatte.“
An eben diesem Ort wurde er ebenfalls als Direktor gefeiert: „Unter sei-
ner Leitung zeigte der Spielplan größtenteils eine für Provinzbühnen gut
getroffene Auswahl.“27 Im Verlauf seiner Leitung stieg das Niveau beson-
ders des Schauspiels, in welchem er dem klassischen Drama den Vorzug
gab. Gleichzeitig kam er dem zeitgenössischen Geschmack mit der Auf-
führung populärer Operetten entgegen, wobei er den größten Erfolg in sei-
ner zweiten Saison mit dem Frauenfresser von Edmund Eysler hatte. Schlis-
mann-Brandt hatte in Olmütz keinen leichten Stand zu der Zeit, zu der er
hierher gekommen war, also zu Beginn des Ersten Weltkriegs und kurz da-
rauf, in der Schlussphase der deutschen Bühne in Olmütz. Seit der Entste-
hung der selbstständigen Tschechoslowakei wurden in der Stadtregierung
Verhandlungen über die Übergabe des städtischen Theaters in tschechische
Hände geführt, von denen der Theaterdirektor vollkommen ausgeschlos-
sen und somit zur Rolle eines passiv auf die Entscheidungen höherer In-
stanzen Wartenden verurteilt war.
Superprovinztheater
Im Falle dieser Direktoren lässt sich vermuten, dass die Olmützer Büh-
ne eine gewisse Entwicklung in der Karriere eines Theaterunternehmers
bedeutete, da sie ihm die Möglichkeit, aber auch die Pflicht auferlegte,
in Olmütz – im Gegensatz zu Laibach oder Marburg – gleichzeitig einen
Opernbetrieb zu führen. Dieser wurde als künstlerisch wie finanziell an-
spruchsvollstes Genre oftmals Ursache von Streitigkeiten zwischen dem
Theaterpächter und dem Theatereigentümer, der Stadt, die mittels eines Or-
gans des Stadtrats, des Theater-Komitees strenge Aufsicht über den Betrieb
der städtischen Bühne führte. Verfolgen wir die damalige Wahrnehmung
dieser Beziehung, scheint es, dass sich diese Direktoren unter einer im Ver-
gleich mit Laibach oder Marburg viel kritischeren Bewertung der Leistun-
gen ihrer Ensembles ausgesetzt sahen; wohlgesonnene Töne erreichten sie
in viel bescheidenerem Maße als eben dort.
In der vereinheitlichten Umgebung der städtischen deutschen Thea-
ter der österreichisch-ungarischen Monarchie konnten sich die von Stati-
on zu Station ziehenden Direktoren einer neuen Umgebung mit Sicherheit
einfach anpassen, denn es erwarteten sie ähnliche Vertragsbedingungen,
allseitig verwendbare und nach Wiener Vorbildern oder direkt in Wien
angefertigte Theaterkulissen (am häufigsten von den Firmen Brioschi, Bur-
27 Marburger Zeitung, 18.3.1913.
196
dringlich seine Kunst auf die Marburger Zuhörerschaft gewirkt hatte.“
An eben diesem Ort wurde er ebenfalls als Direktor gefeiert: „Unter sei-
ner Leitung zeigte der Spielplan größtenteils eine für Provinzbühnen gut
getroffene Auswahl.“27 Im Verlauf seiner Leitung stieg das Niveau beson-
ders des Schauspiels, in welchem er dem klassischen Drama den Vorzug
gab. Gleichzeitig kam er dem zeitgenössischen Geschmack mit der Auf-
führung populärer Operetten entgegen, wobei er den größten Erfolg in sei-
ner zweiten Saison mit dem Frauenfresser von Edmund Eysler hatte. Schlis-
mann-Brandt hatte in Olmütz keinen leichten Stand zu der Zeit, zu der er
hierher gekommen war, also zu Beginn des Ersten Weltkriegs und kurz da-
rauf, in der Schlussphase der deutschen Bühne in Olmütz. Seit der Entste-
hung der selbstständigen Tschechoslowakei wurden in der Stadtregierung
Verhandlungen über die Übergabe des städtischen Theaters in tschechische
Hände geführt, von denen der Theaterdirektor vollkommen ausgeschlos-
sen und somit zur Rolle eines passiv auf die Entscheidungen höherer In-
stanzen Wartenden verurteilt war.
Superprovinztheater
Im Falle dieser Direktoren lässt sich vermuten, dass die Olmützer Büh-
ne eine gewisse Entwicklung in der Karriere eines Theaterunternehmers
bedeutete, da sie ihm die Möglichkeit, aber auch die Pflicht auferlegte,
in Olmütz – im Gegensatz zu Laibach oder Marburg – gleichzeitig einen
Opernbetrieb zu führen. Dieser wurde als künstlerisch wie finanziell an-
spruchsvollstes Genre oftmals Ursache von Streitigkeiten zwischen dem
Theaterpächter und dem Theatereigentümer, der Stadt, die mittels eines Or-
gans des Stadtrats, des Theater-Komitees strenge Aufsicht über den Betrieb
der städtischen Bühne führte. Verfolgen wir die damalige Wahrnehmung
dieser Beziehung, scheint es, dass sich diese Direktoren unter einer im Ver-
gleich mit Laibach oder Marburg viel kritischeren Bewertung der Leistun-
gen ihrer Ensembles ausgesetzt sahen; wohlgesonnene Töne erreichten sie
in viel bescheidenerem Maße als eben dort.
In der vereinheitlichten Umgebung der städtischen deutschen Thea-
ter der österreichisch-ungarischen Monarchie konnten sich die von Stati-
on zu Station ziehenden Direktoren einer neuen Umgebung mit Sicherheit
einfach anpassen, denn es erwarteten sie ähnliche Vertragsbedingungen,
allseitig verwendbare und nach Wiener Vorbildern oder direkt in Wien
angefertigte Theaterkulissen (am häufigsten von den Firmen Brioschi, Bur-
27 Marburger Zeitung, 18.3.1913.
196