Page 195 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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das olmützer provinztheater und seine beziehung zu marburg und laibach
de vor modrigen, wurmstichigen Kulissen und defekter Bühnenmechanik.
Direktor Raul hatte sich in einem Teufelskreis befunden, denn die geringen
Besucherzahlen erlaubten ihm keine größeren Investitionen in die Quali-
tät des Theaterbetriebs; die schlechten Vorstellungen wiederum hielten das
Publikum von weiteren Besuchen ab und der Eigentümer des Theaters –
die Stadt – ignorierte den Antrag auf Subventionen. Auch die theaterinte-
ressierte Öffentlichkeit empfing Mahler in Olmütz mit großem Misstrau-
en: […] „die Leitung der Oper aber einem Anfänger anzuvertrauen, war
ein Wagniß, vor dem wir die Direction warnen, und welches sich unser Pu-
blicum kaum gefallen lassen dürfte,“ schrieb Die Neue Zeit.16 Gewissenhaft
korrigierte die Redaktion dieser Zeitung die Behauptung, Mahler habe als
Dirigent keine Erfahrung, als sie einige Tage später über sein früheres Wir-
ken als Dirigent im Laibacher Theater berichtete.17 Mahlers Wirken als Di-
rigent wurde auf den Seiten der Theaterrubriken der Lokalpresse größere
Aufmerksamkeit als anderen Opern-Kapellmeistern sonst gewidmet. Die
Rezensenten waren sich seiner Außerordentlichkeit schon am Anfang sei-
ner Karriere in Olmütz bewusst und würdigten ihn in ähnlichem Maße
wie die in Laibach.18
Der gebürtige Olmützer Emanuel Westen, mit bürgerlichem Namen
Emanuel Witzke (1851–1906), wirkte als Direktor des Stadttheaters in Mar-
burg an der Drau in den Jahren 1882–1884. Dort trat er auch erfolgreich
in Schauspiel- und Operettenrollen auf. In seiner ersten Saison brachte er
mehrere Operettenneuheiten, von denen laut zeitgenössischen Informati-
onen der Marburger Zeitung Millöckers Apajune, Der Wassermann, Der
lustige Krieg und Das Spitzentuch der Königin von Johann Strauß die beim
Publikum beliebtesten waren19 und in der folgenden Saison dann vor allem
Millöckers Bettelstudent. Von der besonders anfänglichen Beliebtheit beim
lokalen Publikum zeugt auch dieser Kritikauszug vom Ende der ersten Sai-
son in Marburg: „Wenn wir von Lieblingen des Theaterpublikums in die-
ser Saison sprechen wollen, so müssen wir als solche wohl Fräulein Leeb
16 Die Neue Zeit, 13. 1. 1883.
17 Die Neue Zeit, 26. 1. 1883. Auch dies stellt keine präzise Information dar, denn noch
vor seiner Kapellmeisterstelle am Theater in Laibach in der Saison 1881/82 wirkte er
kurz im Bad Hall bei Innsbruck.
18 Siehe den retrospektiven Artikel in der Laibacher Zeitung vom 23.5.1911, der anläss-
lich des Todes Mahlers erschien und in dem die lobenden Zitate der zeitgenössischen
Kritik aus der Zeit seines Wirkens in Laibach zitiert werden. Zu Mahlers Wirken in
Laibach siehe: Primož Kuret, Mahler in Laibach. Ljubljana 1881–1882 (Wien – Köln
– Weimar: Böhlau, 2001).
19 Marburger Zeitung, 18. 3. 1883.
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de vor modrigen, wurmstichigen Kulissen und defekter Bühnenmechanik.
Direktor Raul hatte sich in einem Teufelskreis befunden, denn die geringen
Besucherzahlen erlaubten ihm keine größeren Investitionen in die Quali-
tät des Theaterbetriebs; die schlechten Vorstellungen wiederum hielten das
Publikum von weiteren Besuchen ab und der Eigentümer des Theaters –
die Stadt – ignorierte den Antrag auf Subventionen. Auch die theaterinte-
ressierte Öffentlichkeit empfing Mahler in Olmütz mit großem Misstrau-
en: […] „die Leitung der Oper aber einem Anfänger anzuvertrauen, war
ein Wagniß, vor dem wir die Direction warnen, und welches sich unser Pu-
blicum kaum gefallen lassen dürfte,“ schrieb Die Neue Zeit.16 Gewissenhaft
korrigierte die Redaktion dieser Zeitung die Behauptung, Mahler habe als
Dirigent keine Erfahrung, als sie einige Tage später über sein früheres Wir-
ken als Dirigent im Laibacher Theater berichtete.17 Mahlers Wirken als Di-
rigent wurde auf den Seiten der Theaterrubriken der Lokalpresse größere
Aufmerksamkeit als anderen Opern-Kapellmeistern sonst gewidmet. Die
Rezensenten waren sich seiner Außerordentlichkeit schon am Anfang sei-
ner Karriere in Olmütz bewusst und würdigten ihn in ähnlichem Maße
wie die in Laibach.18
Der gebürtige Olmützer Emanuel Westen, mit bürgerlichem Namen
Emanuel Witzke (1851–1906), wirkte als Direktor des Stadttheaters in Mar-
burg an der Drau in den Jahren 1882–1884. Dort trat er auch erfolgreich
in Schauspiel- und Operettenrollen auf. In seiner ersten Saison brachte er
mehrere Operettenneuheiten, von denen laut zeitgenössischen Informati-
onen der Marburger Zeitung Millöckers Apajune, Der Wassermann, Der
lustige Krieg und Das Spitzentuch der Königin von Johann Strauß die beim
Publikum beliebtesten waren19 und in der folgenden Saison dann vor allem
Millöckers Bettelstudent. Von der besonders anfänglichen Beliebtheit beim
lokalen Publikum zeugt auch dieser Kritikauszug vom Ende der ersten Sai-
son in Marburg: „Wenn wir von Lieblingen des Theaterpublikums in die-
ser Saison sprechen wollen, so müssen wir als solche wohl Fräulein Leeb
16 Die Neue Zeit, 13. 1. 1883.
17 Die Neue Zeit, 26. 1. 1883. Auch dies stellt keine präzise Information dar, denn noch
vor seiner Kapellmeisterstelle am Theater in Laibach in der Saison 1881/82 wirkte er
kurz im Bad Hall bei Innsbruck.
18 Siehe den retrospektiven Artikel in der Laibacher Zeitung vom 23.5.1911, der anläss-
lich des Todes Mahlers erschien und in dem die lobenden Zitate der zeitgenössischen
Kritik aus der Zeit seines Wirkens in Laibach zitiert werden. Zu Mahlers Wirken in
Laibach siehe: Primož Kuret, Mahler in Laibach. Ljubljana 1881–1882 (Wien – Köln
– Weimar: Böhlau, 2001).
19 Marburger Zeitung, 18. 3. 1883.
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