Page 199 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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das olmützer provinztheater und seine beziehung zu marburg und laibach

ghardt und Kautsky) und ein stabiles Repertoire-Gefüge, dessen Kennt-
nis bei den ebenfalls fluktuierenden Sängern vertraglich gewährleistet war.
Dieses Netz deutschsprachiger Provinztheater ist daher in gewisser Weise
als ein einziges Superprovinztheater anzusehen, das gleichzeitig Spiegel der
Bühne der Metropole Wien war, von der es Innovationen des Repertoires
und auch das äußere Erscheinungsbild übernahm. Bestimmte Spezifika des
Olmützer Theaters (aber auch vieler weiterer Theater in der multinationalen
österreichisch-ungarischen Monarchie) wurzelten vor allem in den natio-
nalen Spannungen am jeweiligen Ort. Die Olmützer Theaterdirektoren ge-
rieten unter den Druck des deutschen Stadtrats. Dieser bestärkte die öffent-
liche Stimmung in der Bemühung darum, dass im Stadttheater vor allem
„die große deutsche Kunst“,28 das deutsche ältere und neuere, von Wagners
Werken gekrönte Repertoire erklang und so seine proklamierte Haupt-
sendung als Tempel der Bildung für die deutschsprachige Olmützer Be-
völkerung erfüllte. Mit der schrittweisen Emanzipation der tschechischen
Kultur in der Stadt wurde das Stadttheater das wichtigste Nationalsymbol
der sich verkleinernden deutschen Sprachinsel in der zahlenmäßig erstar-
kenden tschechischen Umgebung. Davon, dass das Stadttheater eine für
Tschechen sozusagen uneinnehmbare Festung war, zeugt auch folgendes
Zitat aus der deutschen Presse von 1906:

Mit jedem tschechischen Autor oder Componisten, dem wir unse-
re Schauspielhäuser, unsere Concertsäle öffnen, schaffen wir eine
Concurrenz den schaffenden künstlerischen Kräften unseres eige-
nen Volkes, ohne daß wir auf ein Entgegenkommen, auf dankbare
Revanche von Seite unserer Gegner rechnen könnten. Das ist nun
sehr böse in einer Zeit, wo uns überall das ‚svůj k svému‘ [Glei-
ches zu Gleichem] entgegengebrüllt wird […] Wer unser Gastrecht
in Anspruch nehmen will, kann uns nur willkommen sein, wenn er
als Freund kommt. Dem feindlichen Gaste können wir unsere Tho-
re nicht offen halten.29
Waffe des deutschen Kampfes gegen diesen tschechischen Feind sollte

auch die deutsche Oper sein. Die in dieser Hinsicht ohne Zweifel reprä-
sentativen Werke Wagners wurden mit den nur unvollkommenen Mitteln
einer Provinzbühne aufgeführt, wodurch diese Waffe an Wirksamkeit je-
doch merklich einbüßte.

28 Mährisches Tagblatt, 15. 9. 1917.
29 Mährisches Tagblatt, 13.1.1906.

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