Page 205 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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teatri d’oltremare: impresari und ihr beziehungsnetz ....
Es handelt sich um Personen, über die nicht geschrieben wurde; was über sie
erhalten ist, muss in erster Linie aus den Primärquellen erschlossen werden.
Vermeintlich weit entfernt, aber durch die Erfindung des Dampf-
schiffs näher an die Theater der östlichen Adriaküste gerückt waren Städ-
te wie Bari und Ancona. Auch von hier aus schrieben und verhandelten
Impresari mit den Theatern dort. Mangelte es in Dubrovnik oder Split an
Orchestermusikern, wurden sie bisweilen direkt in Bari engagiert und rei-
sten dann über das Meer an.4 Kroatischstämmige Impresari aus den Thea-
tern von Osijek oder Zagreb stellten eine verschwindende Minderheit dar,
und nur in den seltensten Fällen sahen ihre Programmvorschläge Auffüh-
rungen italienischer Opern vor.5 Darüber hinaus kamen einige Impresari
aus Brünn, darunter Johann Pistek, Direktor des Stadttheaters, der Werke
von Smetana und Tschaikowski, aber auch einige Werke von Verdi spielen
lassen wollte. Allerdings war zu dem Zeitpunkt, als der Impresario seinen
Entwurf des Opernprogramms im Theater von Split vorlegte, die Stadtver-
waltung aus italienischen in kroatische Hände übergegangen, und so hätte
er vertraglich zusichern müssen, dass die Vorstellungen in kroatischer und
nicht in italienischer Sprache erfolgen würden.6 In Šibenik kamen mit Be-
ginn des 20. Jahrhunderts Opernaufführungen durch kroatische Truppen
auf, obwohl man, um der Wahrheit die Ehre zu geben, im dortigen Thea-
ter weiterhin auch auf Italienisch spielte. Im Gegensatz dazu war in Rije-
ka – wie auch in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt – die italienische
Sprache sogar verpflichtend. 7 In Pula und Zadar spielte man ebenso auf
4 Bisweilen wirkten Epidemien abschreckend auf Wandertruppen: In Dubrovnik bei-
spielsweise fürchtete man in den Jahren 1910 und 1911 die Ankunft der Künstler aus
Bari, wo eine Cholera-Epidemie ausgebrochen war. Bereits 1886 wurde in Zadar das
Künstlergepäck einer Desinfektion unterzogen, was Kosten nach sich zog, die wo-
möglich ausländische Künstler von einer Einreise abhielten. Vgl. einen Brief des Bür-
germeisters von Zadar an die Theaterdirektion, Zadar, 31. 8. 1886, HR-DAZD-252:
Kazalište „Verdi“ u Zadru 1863–1936, Ordner 25.
5 Vgl. den Briefwechsel in HR-DAŠI-103, Kazalište i kino „Mazzoleni” – Šibenik
(1863–1945), Ordner 1, und den Vertrag zwischen dem Teatro Mazzoleni und Leon
Dragutinović, Verwalter des Hrvatsko Narodno Kazalište u Osijeku, HR-DAŠI-103,
Ordner 4 und 10.
6 1882 wurde in Split die italienische Stadtverwaltung von einer kroatischen abgelöst.
Der neue Bürgermeister Gajo Filomen Bulat war, wie sein italienischer Amtsvor-
gänger Antonio Bajamonti vor ihm, zugleich auch Theaterdirektor. Vgl. den Vertrag
zwischen der Theaterdirektion von Split und Johann Pistek, Buchstabe „m“, Art. 1,
Split, Jänner 1896, HR-MGS: Kazalište, 1/I-XII.
7 Vgl. z. B. Art. 1 der Ausschreibungsunterlagen für den Betrieb des Stadttheaters im
Zeitraum 1. Jänner 1909–31. Dezember 1911 und für den Zeitraum 1. Jänner 1912–
31. Dezember 1914, HR-DARI, Opcinsko kazalište „G. Verdi“, DS 60.
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Es handelt sich um Personen, über die nicht geschrieben wurde; was über sie
erhalten ist, muss in erster Linie aus den Primärquellen erschlossen werden.
Vermeintlich weit entfernt, aber durch die Erfindung des Dampf-
schiffs näher an die Theater der östlichen Adriaküste gerückt waren Städ-
te wie Bari und Ancona. Auch von hier aus schrieben und verhandelten
Impresari mit den Theatern dort. Mangelte es in Dubrovnik oder Split an
Orchestermusikern, wurden sie bisweilen direkt in Bari engagiert und rei-
sten dann über das Meer an.4 Kroatischstämmige Impresari aus den Thea-
tern von Osijek oder Zagreb stellten eine verschwindende Minderheit dar,
und nur in den seltensten Fällen sahen ihre Programmvorschläge Auffüh-
rungen italienischer Opern vor.5 Darüber hinaus kamen einige Impresari
aus Brünn, darunter Johann Pistek, Direktor des Stadttheaters, der Werke
von Smetana und Tschaikowski, aber auch einige Werke von Verdi spielen
lassen wollte. Allerdings war zu dem Zeitpunkt, als der Impresario seinen
Entwurf des Opernprogramms im Theater von Split vorlegte, die Stadtver-
waltung aus italienischen in kroatische Hände übergegangen, und so hätte
er vertraglich zusichern müssen, dass die Vorstellungen in kroatischer und
nicht in italienischer Sprache erfolgen würden.6 In Šibenik kamen mit Be-
ginn des 20. Jahrhunderts Opernaufführungen durch kroatische Truppen
auf, obwohl man, um der Wahrheit die Ehre zu geben, im dortigen Thea-
ter weiterhin auch auf Italienisch spielte. Im Gegensatz dazu war in Rije-
ka – wie auch in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt – die italienische
Sprache sogar verpflichtend. 7 In Pula und Zadar spielte man ebenso auf
4 Bisweilen wirkten Epidemien abschreckend auf Wandertruppen: In Dubrovnik bei-
spielsweise fürchtete man in den Jahren 1910 und 1911 die Ankunft der Künstler aus
Bari, wo eine Cholera-Epidemie ausgebrochen war. Bereits 1886 wurde in Zadar das
Künstlergepäck einer Desinfektion unterzogen, was Kosten nach sich zog, die wo-
möglich ausländische Künstler von einer Einreise abhielten. Vgl. einen Brief des Bür-
germeisters von Zadar an die Theaterdirektion, Zadar, 31. 8. 1886, HR-DAZD-252:
Kazalište „Verdi“ u Zadru 1863–1936, Ordner 25.
5 Vgl. den Briefwechsel in HR-DAŠI-103, Kazalište i kino „Mazzoleni” – Šibenik
(1863–1945), Ordner 1, und den Vertrag zwischen dem Teatro Mazzoleni und Leon
Dragutinović, Verwalter des Hrvatsko Narodno Kazalište u Osijeku, HR-DAŠI-103,
Ordner 4 und 10.
6 1882 wurde in Split die italienische Stadtverwaltung von einer kroatischen abgelöst.
Der neue Bürgermeister Gajo Filomen Bulat war, wie sein italienischer Amtsvor-
gänger Antonio Bajamonti vor ihm, zugleich auch Theaterdirektor. Vgl. den Vertrag
zwischen der Theaterdirektion von Split und Johann Pistek, Buchstabe „m“, Art. 1,
Split, Jänner 1896, HR-MGS: Kazalište, 1/I-XII.
7 Vgl. z. B. Art. 1 der Ausschreibungsunterlagen für den Betrieb des Stadttheaters im
Zeitraum 1. Jänner 1909–31. Dezember 1911 und für den Zeitraum 1. Jänner 1912–
31. Dezember 1914, HR-DARI, Opcinsko kazalište „G. Verdi“, DS 60.
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