Page 209 - Stati inu obstati, revija za vprašanja protestantizma, letnik XVII (2021), številka 34, ISSN 2590-9754
P. 209
povzetki, SYNOPSES, ZUSAMMENFASSUNGEN
for granted that their interlocutors are making the same religious assumptions they are”
(Stout 2004, 97).

Keywords: pragmatism, religion, secularism, religious freedom, ethics
Religiöse Moralsprachen, Säkularität und hermeneutische Ungerechtigkeit
Jeffrey Stouts „moderater Pragmatismus“ als philosophischer Ansatz für den öffent-
lichen moralischen Diskurs in einer religiös pluralen Gesellschaft hat von den entge-
gengesetzten Seiten der Säkularismusdiskussion eine gemischte Resonanz erfahren. Ei-
nerseits argumentierten einflussreiche Theologen und Kommunitaristen (z. B. Stanley
Hauerwas), dass Stout gegenüber Säkularisten viel zu nachsichtig sei. Auf der anderen
Seite hielten Säkularisten (z. B. Richard Rorty) seinen inklusiven Ansatz gegenüber reli-
giösen Begründungen im öffentlichen Diskurs für zu theologisch.
Der vorliegende Aufsatz beruht auf der Überzeugung, dass Stouts Vermittlungsver-
such zwischen der politischen Theologie christlicher Kommunitaristen und den libera-
len Visionen des öffentlichen Diskurses – z. B. verschiedene Varianten von Rorty, Ha-
bermas und Rawls – im Hinblick auf neueste Arbeiten zur Epistemologie der Demo-
kratie und zur pragmatischen Sprachphilosophie eine erneute Auseinandersetzung und
eine weitere Analyse verdient. Im Rahmen dieser neuerlichen Untersuchung wird er-
forscht, was der Autor nach Stout eine „moderat pragmatische“ Vision des öffentlichen
moralischen Diskurses nennt. Die Untersuchung geht dabei der Frage nach, wie Stout
die Wirkung eines solchen Diskurses in westlichen Gesellschaften beschreibt, vor allem
aber nimmt sich der Autor im normativen Sinne die zentralen Merkmale von Stouts
Ansatz zum Vorbild. Es wird die These aufgestellt, dass eine solche Vision nur dann
überzeugend ist, wenn bestimmte Prinzipien, die Stout entweder anerkennt oder vor-
aussetzt – das starke Prinzip der Religionsfreiheit, das demokratische Prinzip der Inklu-
sion und das Prinzip der diskursiven statt gewaltsamen Konfliktlösung – in den Mittel-
punkt gestellt und weiterentwickelt werden. Zu diesem Zweck wurden neuere theore-
tische Arbeiten aus dem Gebiet der Epistemologie der Demokratie, insbesondere Bei-
träge von Elisabeth Anderson und José Medina, in Kombination mit der Wittgenstein-
schen pragmatischen Philosophie der religiösen Sprache herangezogen.
Im vorliegenden Aufsatz werden die oben genannten Theorien der politischen Phi-
losophie – insbesondere Medinas Theorie der hermeneutischen (Un)gerechtigkeit – auf
die Frage appliziert, die nicht direkt angesprochen bzw. der nicht viel Aufmerksamkeit
geschenkt wird, und zwar: Wie können und sollen unterschiedliche religiöse Sprachen
in die öffentliche Moraldiskussion einbezogen werden? Daraus ergibt sich, so die Argu-
mentation, eine neue und stärkere Variante der moderaten pragmatistischen Vision des
öffentlichen moralischen Diskurses und ein erneutes Argument für die Säkularität ei-
nes solchen Diskurses: Der öffentliche moralische Diskurs sollte normalerweise (quali-
fiziert) säkular sein, selbst in Gesellschaften, in denen sich die Mehrheit der Bürger zum
Christentum bekennt, denn eine solche Säkularität ist die demokratischste Handlungs-

417
   204   205   206   207   208   209   210   211   212   213   214