Page 27 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2025. Glasbena interpretacija: med umetniškim in znanstvenim┊Music Interpretation: Between the Artistic and the Scientific. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 8
P. 27
die wiener philharmoniker: geschichte und struktur
Clemens Krauss, Dimitri Mitropoulos, Eugene Ormandy, Carl Schuricht,
George Szell, Bruno Walter, Carlo Maria Giulini, Sir Georg Solti oder von
der jüngeren Generation Claudio Abbado, Christoph von Dohnányi, Ber-
nard Haitink, Carlos Kleiber, James Levine, Lorin Maazel, Seiji Ozawa, Sir
André Previn, um nur einige Namen zu nennen. Einen besonderen Stellen-
wert in der Nachkriegsgeschichte nimmt die Zusammenarbeit mit den bei-
den Ehrendirigenten Karl Böhm und Herbert von Karajan sowie mit Eh-
renmitglied Leonard Bernstein ein.
Heute entsprechen die Wiener Philharmoniker den Anforderungen
des multimedialen und globalen „Musikbetriebs“, setzen aber gleichzeitig
individuelle Akzente: etwa mit ihrem Neujahrskonzert, mit den Salzburger
Festspielen, als deren künstlerisches Zentrum sie vertraglich definiert sind,
mit „Wiener Philharmoniker-Wochen“ in New York und Japan oder mit
dem „Sommernachtskonzert Schönbrunn“ im Schlosspark der ehemaligen
Sommerresidenz der Habsburger, das sie seit 2004 alljährlich veranstalten
und dem bei freiem Eintritt bis zu 130.000 Menschen beiwohnen.
Die Wiener Philharmoniker sind seit 1908 ein behördlich genehmigter
Verein. Oberstes Gremium ist – wie zu Nicolais Zeit – die Hauptversamm-
lung, in der alle wichtigen Themen diskutiert und abgestimmt werden.
Die eigentliche Verwaltungsarbeit wird ebenfalls seit Nicolai vom Komitee
durchgeführt, dessen Beschlüsse aber jederzeit von der Hauptversamm-
lung überstimmt werden können. Zeichnungsberechtigt sind Vorstand und
Geschäftsführer, beide leisten auch die Hauptarbeit in der Anbahnung der
diversen Projekte. Unterstützt wird die Verwaltungstätigkeit durch Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter im Künstlerischen Betriebsbüro, in der Buch-
haltung, im Kartenbüro sowie im Noten- und im Historischen Archiv, und
selbstverständlich gibt es professionelle Beratung auf dem Mediensektor
sowie im rechtlichen und im EDV-technischen Bereich.
Für die Wiener Philharmoniker gilt in höchstem Maße der Begriff
„Basisdemokratie“: Alle Mitglieder haben vom ersten Tag an dieselben
Rechte und Pflichten, können sich in der Hauptversammlung zu Wort mel-
den oder die Aufnahme eines Antrags in die Tagesordnung begehren. Ent-
scheidend ist der Umstand, dass alle Funktionäre aktive Mitglieder sind,
und obwohl die administrative Arbeit permanent zunimmt, ist es von fun-
damentaler Bedeutung, an der Selbstverwaltung festzuhalten, weil sie den
erwähnten einzigartigen Kontakt mit Dirigenten und Solisten ermög-
licht. Ebenso einzigartig ist durch dieses System auch der Kontakt der Mit-
glieder untereinander: Da alle Funktionäre im Orchester spielen, sind sie
27