Page 75 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2025. Glasbena interpretacija: med umetniškim in znanstvenim┊Music Interpretation: Between the Artistic and the Scientific. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 8
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die etwas andere „wiener schule“: eduard steuermann und seine lemberger schüler
                 Heuschreckensprüngen und in einem Blitztempo, dass dem Hörer der
                 Atem ausgeht. Er steht lächelnd auf, reibt die Hände, als hätt‘ er einen
                 kleinen Mozart gespielt. 24
                 Im Weiteren trat L. Münzer mit dem „Furioso“ während Rudolf-Réti-
            Abend „in den Räumen der radikalen `Sturm´-Bilderausstellung in Berlin“
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            auf,  wo er besondere Aufmerksamkeit des Publikums immer wieder ge-
            nossen hat.
                 1927 erhielt L. Münzer, ähnlich wie auch Jakob Gimpel, ein Diplom
            beim 1. Internationalen Chopin-Wettbewerb und kehrte kurz darauf end-
            gültig in seiner Heimatstadt zurück, um dort als kaum dreißigjähriger, aber
            schon in den höchsten Superlativen geschätzter Pianist die Professur am
            dortigen Konservatorium der Polnischer Musikgesellschaft zu überneh-
            men. Zu seinen Schülern gehörten Jan Gorbaty und Fryderyk Portnoj, bei-
            de später als bedeutende polnischen Pianisten in Ausland aktiv sowie Da-
            ria Kolessa, die Schwester von ukrainischen Komponisten Mykola Kolessa,
            die über längere Zeit auch als Münzers Assistentin tätig war. „Man kann
            mit Sicherheit sagen, dass Professor Münzer diese [seine Klavier-] Klasse auf
            ein Niveau gehoben hat, das sie seit den Tagen von Kurz und Lalewicz nicht
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            mehr erreicht hat“,  behauptete auch Zofia Lissa und fasste diesbezüglich
            eine neue Tradition der Lemberger Klavierschule zusammen, die von V.
            Kurz und J. Lalewicz ausgehend durch E. Steuermann und dessen Schüler
            ununterbrochen weitere Generationen prägte.
                 Doch nicht nur die lobenden Rezensionen aus ganz Europa brachte
            Münzer mit, sondern auch ein besonderes und für Lemberg noch unent-
            decktes Interesse für Neue Musik. In seinen Konzerten spielte er frisch er-
            schienene Werke von Paul Hindemith und Richard Strauß, Artur Honeg-
            ger und Darius Milhaud, Sergej Prokofiev, von dem er persönlich die Noten
            seines dritten Klavierkonzertes bekam und natürlich Jozef Koffler, den be-
            deutendsten Lemberger Vertreter der Neuen Musik, der dem Münzer auch
            sein Erstes Klavierkonzert widmete.
                 Am 28. Februar 1930 fand in Lemberg die konstituierende Sitzung des
            Zweigs Polnischer Gesellschaft für Neue Musik (als Sektion der Interna-
            tionalen Gesellschaft für Neue Musik) statt. Folgende Personen wurden
            24   Dr. E.[rnst] D.[écsey], „Aus der Konzertwoche“, Neues Wiener Tagblatt 59, Nr. 343
                 (14. Dezember 1925): 6.
            25   E. Kolliner, „Vierteltonmusik in Berlin“, Neues Wiener Tagblatt 60, Nr. 62 (3. März
                 1926): 12.
            26   Zofja Lissa, „Koncert uczniów prof. Muenzera [Konzert der Schüler von Prof. Muen-
                 zer]”, Gazeta Lwowska 122, Nr. 30 (7. Februar 1932): 6.


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