Page 74 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2025. Glasbena interpretacija: med umetniškim in znanstvenim┊Music Interpretation: Between the Artistic and the Scientific. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 8
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            zur Uraufführung bringen:  E. Steuermann war bekanntlich der erste und,
            dem Komponisten nach, der beste Interpret dieses Werkes, H. Eisler „habe
            einen besseren Musiker in seinem Leben nicht kennengelernt“. 22
                 Mit den Konzertreisen nach Italien und Frankreich festigte L. Münzer
            seinen internationalen Ruf:
                 Leopold Münzer konzertierte vor kurzem in Rom und Paris mit durch-
                 schlagendem Erfolg. Publikum und Presse nahmen ihn enthusiastisch
                 auf. ´Il Popolo´ schreibt unter anderem: Das Münzerkonzert hat uns tat-
                 sächlich eine Virtuosität allerersten Ranges enthüllt. Wenige, sogar sehr
                 wenige der lebenden Pianisten können sich an die Seite Münzers stel-
                 len. In der ganzen musikalischen Saison, die bereits zu Ende neigt, erin-
                 nern wir uns nicht, zwei oder drei Leistungen begegnet zu sein, die auf
                 derselben Höhe standen. – ´Il Nuovo Paese´: Leopold Münzer errang ei-
                 nen schmeichelhaften Erfolg. Er verblüffte mit seiner Technik und sei-
                 nem glücklichen Interpretationstalent.– Der Pariser ´Courier Musical´
                 schreibt: Man muss Münzer in die Reihe der großen Klaviervirtuosen
                 stellen. Er hat eine ausgezeichnete technische Sicherheit und prachtvol-
                 le Qualitäten der Ausdrucksmöglichkeiten und im Rhythmus. ... – ´Pa-
                 ris Soir´: Münzer stellte sich zum ersten mal dem Pariser Publikum vor.
                 Seine Virtuosität und Musikalität sicherten ihm eine glänzende Auf-
                 nahme. Wir hoffen, ihn bald wieder zu hören. 23
                 Immer mehr folgte L. Münzer seiner Zuneigung für die Neue Musik:
            neben die Werke von H. Eisler entwickelte er beispielweise besondere Inte-
            resse für Rudolf Réti, was die Kritiker gleich zum Anlass nahmen, ihn als
            seinen „Apostel“ zu bezeichnen – ähnlich wie man zu dieser Zeit E. Steu-
            ermann zu A. Schönberg ordnete. Ernst Décsey beschreibt diese Auftritte
            in folgendem Ton:
                 Ein untersetzter, kleiner Mann naht wie ein mächtiger Gnom des Kla-
                 viers: er scheint nur aus Armen zu bestehen und den Daumen zu tra-
                 gen, wo andre den kleinen Finger und umgekehrt. Münzer fühlt sich
                 am wohlsten bei Rudolf Réti, dessen Apostel er ist, wie Steuermann der
                 Schönbergs. Er spielte Rétis „Furioso“, ein modernes Virtuosenstück,
                 das mit einem Abschied von der Romantik beginnt und immer furioser
                 wird, immer furioser bis zum Furiosissimo. Münzer rast dieses Pres-
                 to mit übereinander fliegenden Händen, Fingerwechsel auf einer Taste,

            21   Anon., „Aus aller Welt“, Musikblätter des Einbruch, VII, Nr. 2 (Februar 1925): 98.
            22   Eisler, Hanns. Gespräche mit Hans Bunge. Fragen Sie mehr über Brecht. Übertragen
                 von Hans Bunge (Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Musik, 1975), 76.
            23   Anon., „Leopold Münzer…“, Neues Wiener Tagblatt 58, Nr. 158 (8. Juni 1924): 15.


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