Page 71 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2025. Glasbena interpretacija: med umetniškim in znanstvenim┊Music Interpretation: Between the Artistic and the Scientific. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 8
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die etwas andere „wiener schule“: eduard steuermann und seine lemberger schüler
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Steuermann-Schüler Jakob Gimpel“ erwähnte, was auch dafürspricht, dass
Eduard Steuermann schon längst bevor er sein Atelier im dritten Bezirk be-
zog, nicht unbekannt als Klavierlehrer blieb.
1927 nahm Gimpel am ersten Internationalen Fryderyk-Chopin-Wett-
bewerb teil. Trotz beeindruckender Kritiken in der Presse und Begeisterung
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in der Öffentlichkeit erhielt er jedoch nur ein Diplom. Die gleiche Aus-
zeichnung bekam auch der andere Steuermanns-Schüler, Leopold Münzer.
In den kommenden zehn Jahren war Gimpel hauptsächlich durch sei-
ne Auftritte mit dem Geiger Bronislaw Huberman präsent, der jedoch so-
wohl den Pianisten als auch seinen jüngeren Bruder, den Geiger Bronis-
law, in der musikalischen Welt bevormundete. Beide Brüder unterstützten
Huberman seinerseits beim Organisieren des Palästinensischen Orchesters
(heute ist das Israel Philharmonic Orchestra, eines der weltweit führenden
Symphonieorchester). Es ist jedoch weniger bekannt, dass es Huberman zu
verdanken war, dass Gimpel Ignacy Jan Paderewski kennenlernte, der das
Talent dieses Lemberger Pianisten sehr hoch schätzte. 13
Gimpel trat mit dem berühmten Virtuosen Huberman auch in seiner
Heimatstadt auf, wie die Pressestimmen belegen:
Die perfekte Ergänzung zum Konzert war sein Begleiter Jakob Gimpel.
Er ist ein sehr guter Pianist, der mit außerordentlicher Aufmerksamkeit
der Meinung des Interpreten folgen konnte, so dass das Spielen von Vi-
oline und Klavier im vollen Sinne des Wortes eine organische Einheit
bildete. 14
Auf der Flucht vor den Nazis emigrierte Jakob Gimpel 1938 mit seiner
Frau Mimi von Wien in die USA, wo sich sein jüngerer Bruder, der nicht
weniger berühmte Geiger Bronislaw, bereits aufhielt. Anscheinend musste
Gimpel in den Vereinigten Staaten wo Hunderte von weltberühmten Musi-
kern ins Exil gezwungen wurden, nach neuen Wegen suchen, um sein Ta-
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lent zu verwirklichen. Und hier kam ihm ein besonderes Talent zugute,
11 Josef Reiter, „Feuilleton. Musik“, Neue Freie Presse, Nr. 21638 (9. Dezember 1924): 2.
12 Stefan Wysocki, Wokół Konkursów Chopinowskich [Rund um die Chopin-Wettbe-
werbe] (Warszawa: Wydawnictwa Radia i Telewizji, 1987), 19.
13 Alfred Plohn, „Paderewski i Jakób Gimpel [Paderewski und Jakob Gimpel]”, Chwila
XVI, Nr. 5472 (17. Juni 1934): 12.
14 Wassyl Barwinskyj, „З концертової салі. Виступ пяніста Я. Ґімпеля [Aus dem
Konzertsaal. Auftritt des Pianisten J. Gimpel]“, Діло XLVI, №. 86 (20. April 1928): 2.
15 Mehr dazu: Lidia Melnyk, „Steuermann, Gimpel, Baller – Between the Vienna Dre-
am and Hollywood Reality: World -Famous Jewish Pianists and their Routes from
Galicia to Vienna and the USA [Steuermann, Gimpel, Baller – Zwischen dem Wiener
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