Page 72 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2025. Glasbena interpretacija: med umetniškim in znanstvenim┊Music Interpretation: Between the Artistic and the Scientific. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 8
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das er seit seiner Studienzeit vielfach einsetzte: Der Pianist konnte sowohl
zu den bekannten Themen hinreißend improvisieren, als auch brillant vom
Blatt spielen. 16
In dieser Zeit brauchte Hollywood genau solche Musiker: ab 1944 war
Jacob Gimpel mit der Aufnahme von Soundtracks zu Filmen wie „Gas
Light“ (Regie: George Cukor), „Obsessed“ (1947, Regie: Curtis Bernhardt),
„Three Love Stories“ (1953, unter der Regie von Vincent Minelli) beschäf-
tigt. Besonders letzterer machte ihn berühmt, weil er dort die 18. Variati-
on von Rachmaninows Rhapsodie nach Paganini implementierte. In den
1960-er und 1970-er Jahren wirkte Jacob Gimpel an der musikalischen Ge-
staltung von Filmen wie „Planet der Affen“ (Regie: Franklin Scheffner) und
„Mephisto Waltz“ (Regie: Paul Wendox) mit.
Das Talent des Virtuosen erwies sich nicht nur in den Spielfilmen ge-
fragt, sondern auch in Zeichentrickfilmen. 1946 „spielte“ Bunny Bugs die
Zweite Ungarische Rhapsodie von F. Liszt in „Rhapsody Rabbit“, und 1953
gewann „Johann Mouse“ mit seiner virtuosen Improvisation über Strauss‘-
sche Themen den Oscar. Jakob Gimpel war jedoch nicht allzu stolz auf sei-
ne Kinoerfolge, wie sich der Sohn des Pianisten, Peter Gimpel erinnerte. 17
Im Jahr 1947 nahm der Pianist an den Aufnahmen von „Concert Ma-
gic“ im Charlie Chaplin Filmstudio teil, einem auf Initiative und unter Mit-
wirkung des damals 32-jährigen Yehudi Menuhin realisierten Musikfilm
unter der Regie von Paul Gordon. Im Film spielte Gimpel vier Miniaturen
von F. Chopin und die Konzertetüde № 3 von F. Liszt. Neben dem Pianis-
ten nahmen die Sängerinnen Margaret Campbell und Oila Bill (Altistin),
der legendäre Dirigent Antal Doraty sowie ein anderer Galizier und lang-
jähriger Menuhin-Konzertmeister, Adolf Baller an den Dreharbeiten teil. 18
Trotz der Anerkennung in den USA träumte Jakob Gimpel vor allem
davon, auf die großen Bühnen Europas zurückzukehren. Seit Mitte der
Traum und der Hollywood-Realität: Weltberühmte jüdische Pianisten und ihre
Wege von Galizien nach Wien und in die USA]“, in Music - the Cultural Bridge. Es-
sence, Contexts, References, Hrsg. A. Pijarowska (Wrocław: AMKL, 2021), 109–18.
16 Wolfgang Aschinger, „Er machte Bugs Bunny zum Virtuosen: Pianist Jakob Gimpel –
Bescheidener Mensch, begnadeter Künstler“, Musik heute, 15. Juli 2011, http://www.
musik-heute.de/575/er-machte-bugs-bunny-zum-virtuosenpianist-jakob-gimpel.
17 Peter Gimpel, „Jakob Gimpel: A Biographical Essay [Jakob Gimpel: Ein biografi-
scher Essay]“, Jakob & Bronislaw Gimpel Archives, archiviert vom Original am 9. Ok-
tober 2007, https://web.archive.org/web/20071009074051/http://www.gimpelmusi-
carchives.com/jakobgimpel.htm.
18 Yehudi Menuhin, Unfinished Journey [Unvollendete Reise] (London: Macdonald &
Jane‘s, 1977).
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