Page 101 - Weiss, Jernej, ur. 2018. Nova glasba v “novi” Evropi med obema svetovnima vojnama ?? New Music in the “New” Europe Between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 2
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ukrainische komponistenschule in der zwischenkriegsperiode des xx jahrhunderts
tellen Theaters von Les´ Kurbas sind Repressalien ergreifen, Les´ Kurbas
selbst wurde erschossen. Nicht so radikale, doch selbstbewusste Künstler,
die der ästhetische Wert eines Kunstwerkes nach dem nationalen Nutzen
bestimmten, wurden nicht milder betrachtet und als „bürgerliche Nationa-
listen“ verurteilt und dementsprechend getötet oder in bestem Fall völlig
verschwiegen und vom Kulturleben ausgeschlossen.
Auch diese Künstler, die konsequent eine spezifische nationale Tradi-
tion mit den neuesten Richtungen synthetisierten, wurden grausam ver-
nichtet, insbesondere Hnat Khotkevych, die ursprünglich in dem moder-
nen expressiven System die Klangfarbe der alten ukrainischen Instrument
Bandura20 angewendet hat, oder Vasyl Werchowynets, der auf der Grund-
lage der ukrainischen Tanz ein Émile Jaques-Dalcroze-System angepasst
hat. Beide wurden 1938 erschossen. Diese Biographien sind in mehreren
Knotenpunkten ähnlich: talentvolle, freidenkende Künstler mit den brei-
ten und mannigfaltigen Interessen wollten sich nur ihren geistigen Zielen
widmen. Dabei hielten politisch so neutral wie möglich, gehörten zu keinen
oppositionellen Organisationen und waren bereit, mit der neuen Macht or-
dentlich zusammenzuarbeiten. Ihre Hinrichtung steuerte nur auf ein Ziel
los: die national- kulturelle Wiedergeburt von Ukrainer nicht zuzulassen,
auf jede Art und Weise das Komplex der Minderwertigkeit ins Bewusstsein
des Volks durchdringen zu lassen. Man brauchte zwanzig Jahre nach dem
Tod (erst nach der „Chruschtschower Tau und Enthüllung des Stalins-Kul-
tus in 1957), um sie zu rehabilitieren, aber auch dann ihr schöpferisches
Erbe wurde kaum popularisiert und noch lange wenig bekannt.
Die genaue Zahl der Repressalien untergeworfen ukrainischen Künstler
ist bis heute nicht bekannt. Einigen Berichten zufolge erreicht diese Zahl bis
30.000 Menschen21.
In welcher Weise reagierten auf Verfolgung ukrainische Musiker?
Einen Teil – darunter Borys Latoschynskyj, Lewko Rewutskyj, Mychajlo
Werykiwskyj, Pylyp Kozytskyj usw. – gingen in sog. „innerliche Emigra-
tion“, d. h. schufen viel weniger und dabei traditioneller, als früher, man-
che Werke widmeten der Partei – Lenin – Stalin, trotzdem ständig kriti-
20 Bandura wurde in 30-er Jahren des XX. Jh. zu einem „bürgerlichen Instrument“ er-
klärt, deswegen sind mehr als 300 unsichtigen Musiker-Banduristen im Dezember
1933 schonungslos und dabei in tiefstem Geheimnis erschossen und beerdigt.
21 Sieh dazu: Grigorij Kasjanow. Ukrainische Intelligenz in 1920 – 30-er Jahre: das soziale
Porträt und das geschichtliche Schicksal (Kyiv: Globus, Vik; Edmonton, Canadian In-
stitut ukrainischer Studien an der Universität Alberta, 1992) [Касьянов Г. Українська
інтелігенція 1920–30-х років: соціальний портрет та історична доля.]
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tellen Theaters von Les´ Kurbas sind Repressalien ergreifen, Les´ Kurbas
selbst wurde erschossen. Nicht so radikale, doch selbstbewusste Künstler,
die der ästhetische Wert eines Kunstwerkes nach dem nationalen Nutzen
bestimmten, wurden nicht milder betrachtet und als „bürgerliche Nationa-
listen“ verurteilt und dementsprechend getötet oder in bestem Fall völlig
verschwiegen und vom Kulturleben ausgeschlossen.
Auch diese Künstler, die konsequent eine spezifische nationale Tradi-
tion mit den neuesten Richtungen synthetisierten, wurden grausam ver-
nichtet, insbesondere Hnat Khotkevych, die ursprünglich in dem moder-
nen expressiven System die Klangfarbe der alten ukrainischen Instrument
Bandura20 angewendet hat, oder Vasyl Werchowynets, der auf der Grund-
lage der ukrainischen Tanz ein Émile Jaques-Dalcroze-System angepasst
hat. Beide wurden 1938 erschossen. Diese Biographien sind in mehreren
Knotenpunkten ähnlich: talentvolle, freidenkende Künstler mit den brei-
ten und mannigfaltigen Interessen wollten sich nur ihren geistigen Zielen
widmen. Dabei hielten politisch so neutral wie möglich, gehörten zu keinen
oppositionellen Organisationen und waren bereit, mit der neuen Macht or-
dentlich zusammenzuarbeiten. Ihre Hinrichtung steuerte nur auf ein Ziel
los: die national- kulturelle Wiedergeburt von Ukrainer nicht zuzulassen,
auf jede Art und Weise das Komplex der Minderwertigkeit ins Bewusstsein
des Volks durchdringen zu lassen. Man brauchte zwanzig Jahre nach dem
Tod (erst nach der „Chruschtschower Tau und Enthüllung des Stalins-Kul-
tus in 1957), um sie zu rehabilitieren, aber auch dann ihr schöpferisches
Erbe wurde kaum popularisiert und noch lange wenig bekannt.
Die genaue Zahl der Repressalien untergeworfen ukrainischen Künstler
ist bis heute nicht bekannt. Einigen Berichten zufolge erreicht diese Zahl bis
30.000 Menschen21.
In welcher Weise reagierten auf Verfolgung ukrainische Musiker?
Einen Teil – darunter Borys Latoschynskyj, Lewko Rewutskyj, Mychajlo
Werykiwskyj, Pylyp Kozytskyj usw. – gingen in sog. „innerliche Emigra-
tion“, d. h. schufen viel weniger und dabei traditioneller, als früher, man-
che Werke widmeten der Partei – Lenin – Stalin, trotzdem ständig kriti-
20 Bandura wurde in 30-er Jahren des XX. Jh. zu einem „bürgerlichen Instrument“ er-
klärt, deswegen sind mehr als 300 unsichtigen Musiker-Banduristen im Dezember
1933 schonungslos und dabei in tiefstem Geheimnis erschossen und beerdigt.
21 Sieh dazu: Grigorij Kasjanow. Ukrainische Intelligenz in 1920 – 30-er Jahre: das soziale
Porträt und das geschichtliche Schicksal (Kyiv: Globus, Vik; Edmonton, Canadian In-
stitut ukrainischer Studien an der Universität Alberta, 1992) [Касьянов Г. Українська
інтелігенція 1920–30-х років: соціальний портрет та історична доля.]
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