Page 65 - Weiss, Jernej, ur. 2018. Nova glasba v “novi” Evropi med obema svetovnima vojnama ?? New Music in the “New” Europe Between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 2
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oi: https://doi.org/10.26493/978-961-7023-72-5.63-72

Vielfalt der Moderne.
Die Musiktage in Donaueschingen
und Baden-Baden in den 1920er Jahren

Peter Andraschke
Univerza Justus Liebig v Giessnu
Justus Liebig University Giessen

Die alljährlichen Musiktage in Donaueschingen seit 1921, ihre Fortsetzung
in Baden-Baden ab 1927 und ihr Abschluß in Berlin 1930 spiegeln die Ge-
schichte der zeitgenössischen Musik in den 1920er Jahren wider mit ihren
vielfältigen Tendenzen zwischen Traditionsbezogenheit, Gebrauchsmusik,
Experiment und avantgardistischem Kunstanspruch. Von ihnen gingen
zahlreiche Anregungen aus. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den
Konzeptionen von Donaueschingen und Baden-Baden.

Die Programme von Donaueschingen waren aufführungspraktisch be-
dingt zunächst auf die traditionelle Solo- und Kammermusik beschränkt.
Der eigentliche Organisator der Musiktage war Heinrich Burkard (1888–
1950), Fürstlich Fürstenbergischer Musikdirektor. Weitere Mitglieder des
Programmausschusses waren Eduard Erdmann (1896–1958), Komponist
und Pianist, der sich in seinen Konzerten für zeitgenössische Musik ein-
setzte und Joseph Haas (1879–1960), der an der Akademie der Tonkunst
in München eine Kompositionsklasse leitete. Zunächst von seinem Lehrer
Max Reger beeinflußt, fand er bald zu einer einfacheren und volksnahen
Kompositionsart auf tonaler Grundlage. Gegenüber modernen Bestrebun-
gen war er jedoch aufgeschlossen.

In einem Geleitwort zu den Musiktagen von 1921 formulierte der
Programmausschuß in der Neuen Musik-Zeitung als Richtlinien für die
Auswahlkriterien:

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