Page 188 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
P. 188
vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju
der politisch entspannten Atmosphäre der 1860er Jahre zur Wiederaufnah-
me tschechisch gespielter Vorstellungen am städtischen Theater (seit dem
2.2.1864). Allerdings blieb das Publikum bald wegen des schlechten Niveaus
der tschechischen Sprache weg.3 Am 20.9.1864 meldete König an die Ge-
meinde, dass jeder zweite Sonntag (um 16.00 Uhr) einer tschechischen Vor-
stellung gewidmet werden solle. Der Antrag wurde zwar vom Magistrat
abgelehnt (Aktenzeichen 6244, 29.9.), doch König gab nicht auf – das Pu-
blikum war zufrieden, die Kasse stimmte und die offene Bühne verdiente
sich Applaus. Am 12.10. überließ also der städtische Rat die Durchführung
weiterer Vorstellungen König. Nach der Amtsübernahme von I. Czernits
war es dann jedoch nicht mehr erlaubt, am Theater tschechisch zu spielen.4
König rekrutierte während der Ferien des Jahres 1865 seine zukünf-
tigen Opern-Mitglieder in Prag. Mit einer ziemlich deutlichen Missbilli-
gung wurde dieses Vorgehen vom bekannten Prager Schriftsteller und
schlagfertigen Kommentator des Kulturgeschehens Jan Neruda kommen-
tiert, als er über die Mängel des tschechischen Theaters in Prag räsonierte
(zum Beispiel mit dem häufigen Vorwurf einer geringen Besucherzahl).
Gleichzeitig nutzte er die Olmützer Verhältnisse zu einer Kritik am The-
aterleben in Brünn. Neruda hielt es für nichts Ungewöhnliches, wenn die
Direktoren der deutschen Theater „wie eigentlich alle Theaterdirektoren,
aufs Geld schauten“, und deswegen sich mit Einkünften aus tschechischen
Spielen behalfen:
Die Wellen in der tschechischen Theaterwelt steigen sehr hoch, es
gibt da äußerst viel Geräusche und Lärm, es gibt ganze Wolken von
Schaum. Und am Ufer dieses Meeres sitzt Herr König, oder wie auch
immer dieser Olmützer Direktor und der Mann von einem roman-
tischen Geist heißt, und wartet auf Perlen, die ihm durch Zufall in
seinen bereiten Schoss fallen. Er soll angeblich eine Ganze Schnur
von solchen Perlen eingesammelt haben, die er hinter sich her nach
Olmütz zu ziehen hat. Bei seiner Auswahl soll er gleichzeitig be-
3 Siehe Jiří Štefanides, Kalendárium dějin divadla v Olomouci (od roku 1479) (Praha:
Nakladatelství Pražská scéna, 2008).
4 Siehe Stanislav Langer, Stručná historie divadla v Olomouci (Divadelní ústav Praze:
Praha 1961, sign. MB 721a), III/9; zum Verbot von Vorstellungen tschechischer The-
atergesellschaften aus dem Jahre 1884 siehe Štefanides, Kalendárium dějin divadla
v Olomouci (od roku 1479), 67. Über die tschechische Vorstellung vom 12.3.1864 in-
formierte Carl König den Gemeinderat mit einem Schreiben vom 10.3.1864, dem er
auch ein gedrucktes Plakat hinzufügte (Archiv der Stadt Olomouc, Politische Regis-
tratur 1786–1873, Kart. 81, Akte Tschechische Theatervorstellungen 1864–1871).
186
der politisch entspannten Atmosphäre der 1860er Jahre zur Wiederaufnah-
me tschechisch gespielter Vorstellungen am städtischen Theater (seit dem
2.2.1864). Allerdings blieb das Publikum bald wegen des schlechten Niveaus
der tschechischen Sprache weg.3 Am 20.9.1864 meldete König an die Ge-
meinde, dass jeder zweite Sonntag (um 16.00 Uhr) einer tschechischen Vor-
stellung gewidmet werden solle. Der Antrag wurde zwar vom Magistrat
abgelehnt (Aktenzeichen 6244, 29.9.), doch König gab nicht auf – das Pu-
blikum war zufrieden, die Kasse stimmte und die offene Bühne verdiente
sich Applaus. Am 12.10. überließ also der städtische Rat die Durchführung
weiterer Vorstellungen König. Nach der Amtsübernahme von I. Czernits
war es dann jedoch nicht mehr erlaubt, am Theater tschechisch zu spielen.4
König rekrutierte während der Ferien des Jahres 1865 seine zukünf-
tigen Opern-Mitglieder in Prag. Mit einer ziemlich deutlichen Missbilli-
gung wurde dieses Vorgehen vom bekannten Prager Schriftsteller und
schlagfertigen Kommentator des Kulturgeschehens Jan Neruda kommen-
tiert, als er über die Mängel des tschechischen Theaters in Prag räsonierte
(zum Beispiel mit dem häufigen Vorwurf einer geringen Besucherzahl).
Gleichzeitig nutzte er die Olmützer Verhältnisse zu einer Kritik am The-
aterleben in Brünn. Neruda hielt es für nichts Ungewöhnliches, wenn die
Direktoren der deutschen Theater „wie eigentlich alle Theaterdirektoren,
aufs Geld schauten“, und deswegen sich mit Einkünften aus tschechischen
Spielen behalfen:
Die Wellen in der tschechischen Theaterwelt steigen sehr hoch, es
gibt da äußerst viel Geräusche und Lärm, es gibt ganze Wolken von
Schaum. Und am Ufer dieses Meeres sitzt Herr König, oder wie auch
immer dieser Olmützer Direktor und der Mann von einem roman-
tischen Geist heißt, und wartet auf Perlen, die ihm durch Zufall in
seinen bereiten Schoss fallen. Er soll angeblich eine Ganze Schnur
von solchen Perlen eingesammelt haben, die er hinter sich her nach
Olmütz zu ziehen hat. Bei seiner Auswahl soll er gleichzeitig be-
3 Siehe Jiří Štefanides, Kalendárium dějin divadla v Olomouci (od roku 1479) (Praha:
Nakladatelství Pražská scéna, 2008).
4 Siehe Stanislav Langer, Stručná historie divadla v Olomouci (Divadelní ústav Praze:
Praha 1961, sign. MB 721a), III/9; zum Verbot von Vorstellungen tschechischer The-
atergesellschaften aus dem Jahre 1884 siehe Štefanides, Kalendárium dějin divadla
v Olomouci (od roku 1479), 67. Über die tschechische Vorstellung vom 12.3.1864 in-
formierte Carl König den Gemeinderat mit einem Schreiben vom 10.3.1864, dem er
auch ein gedrucktes Plakat hinzufügte (Archiv der Stadt Olomouc, Politische Regis-
tratur 1786–1873, Kart. 81, Akte Tschechische Theatervorstellungen 1864–1871).
186