Page 192 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

triebes bringt, und zwar bis zu der Zeit, in der die Beliebtheit des Sing-
spiels die Theaterunternehmer zu ruinieren begann. Möglicherweise hat-
te ein Engagement in Olmütz wegen der engen Verbindungen zu Wien und
wegen der geographischen Nähe zu den deutschen prestigeträchtigen Büh-
nen einen etwas besseren Ruf. Olmütz gewann einen Ruf als ein Theater,
an dem zukünftige Opernstars ihre ersten Auftritte hatten. Und was die
erfolgreiche Aufführung des nationalen Repertoires auf der Theaterbühne
betrifft, so ist ein spontanes Interesse für tschechische Spiele nach dem Ok-
toberdiplom 1860, und zwar insbesondere unter dem Direktor C. König, zu
beobachten. Diese Richtung rief allerdings in einer großdeutsch geprägten
Stadt eine Gegenreaktion hervor und seit den 70er Jahren sind wir Zeugen
der Stärkung der Position des Olmützer Theaters als einer deutschen Na-
tionalbühne. Dies ist aber schon Thema des folgenden Teiles des Beitrags.

Von Laibach und Marburg nach Olmütz
Ende der siebziger Jahre endete die bis dahin übliche sechsjährige Thea-
terpacht der Olmützer Theaterdirektoren; diese verließen die Olmützer
Station lange vor dem Ende der Pacht. Grund dafür war die schlechte fi-
nanzielle Situation des Theaters, in dem die Direktoren als Unternehmer
große Verluste machten. Das Theater sah sich mit einem Absinken der Be-
sucherzahlen konfrontiert, das wohl Folge einer allgemeinen Wirtschafts-
und Agrarkrise war, aber auch der Angst vor Bränden, die zu dieser Zeit
große europäische Theater erfassten (z. B. 1881 das Nationaltheater in Prag
und das Wiener Ringtheater). Die sinkenden Besucherzahlen gingen Hand
in Hand mit dem Absinken des Niveaus des Theaters in den 1880er Jah-
ren; tschechische Produktionen waren im deutschen Theater von der deut-
schen Stadtregierung im Jahr 1884 definitiv verboten worden. Laut zahl-
reichen zeitgenössischen Bewertungen kam das Theater zur Schmiere
herab. Erst im Verlauf des letzten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts verbes-
serte sich die künstlerische Verfassung. Von den 1870er Jahren bis 1920, als
das bisher deutsche Stadttheater in Olmütz in tschechische Hände überge-
ben wurde, erfuhr es nach und nach eine Umwandlung von einer Bühne
mit weltoffenem Repertoire zu einem Stadttheater mit deutlich nationalem
Charakter, in welchem die Programmgrundlage neben den für die Theater-
kasse wichtigen leichten Genres die klassischen Opern- und Dramenwerke
deutscher Autoren bildeten. Das deutsch dominierte Opernrepertoire im
Stadttheater sollte vor allem ein Gegengewicht zu den tschechischen Opern
darstellen, die man in Olmütz am Ende der 1880er Jahre von der František

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